Ein ganzes Land am Tropf der humanitären Hilfe

■ Hamburgs Bosnien-Hilfsorganisationen gründen ein gemeinsames Forum

„Die Situation in den Lagern ist so erschütternd, daß man keine Worte dafür findet.“ Ferida Meyer ist vor drei Wochen aus Bosnien nach Hamburg zurückgekehrt, sieben Wochen lang hat sie sich in der Region um Tuzla aufgehalten. „In diesem Winter droht dort eine katastrophale Hungersnot“, sagt sie voraus. Umso bedrückender sei, daß die humanitären Hilfsorganisationen sich nun aus Ex-Jugoslawien zurückzögen. Die Hamburger Helfer wollen nun mit doppelter Anstrengung versuchen, die ärgsten Löcher zu stopfen.

15 Hamburger Organisationen haben sich deshalb zu einem Forum „Humanitäre Hilfe für Bosnien“ unter dem Dach der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zusammengeschlossen. Spendengelder, die bei ihnen eingehen, sollen der Beschaffung von Lebensmitteln dienen. Ein Gremium werde darüber befinden, so Meyer, wo die Transporte am dringendsten gebraucht werden. Dies sei zur Zeit sicher Bihac, doch dahin seien bislang keine Lieferungen möglich. Sie betonte, daß alle Gruppen des Forums intensive Kontakte nach Bosnien hätten; es könne garantiert werden, daß die Spenden dort auch ankommen.

Ferida Meyer ist in den vergangen drei Jahren mehrmals nach Bosnien gereist: „Obwohl die Wege nach Tuzla offen sind, sind die Lebensmittel-Lager leer.“ Seit Mai 1993 sei dort kein Lebensmittelpaket mehr angekommen. Inzwischen habe sich in der Bevölkerung eine bedrückende Apathie breit gemacht. „Die Menschen sagen, wir sterben doch sowieso.“ In der Stadt gebe es nur jeden zweiten Tag eine Stunde Strom, keine Heizung, und zum Trinkwasserbrunnen müsse man zwei Kilometer laufen. Außerdem sei die Bevölkerung im Viertelstundentakt Granatenangriffen ausgesetzt.

Die Hamburger Gruppen mußten jedoch feststellen, daß sich nach fast drei Jahren Bürgerkrieg die Spendenbereitschaft erheblich reduziert hat. Auch die internationalen Organisationen haben sich inziwschen anderen Krisenregionen wie Ruanda zugewendet. Die Initiatoren des Hamburger Forums betonten gestern umso eindringlicher: „Bosnien-Herzegowina hängt in diesem Winter absolut am Tropf der humanitären Hilfe.“ sako

Spendenkonto: 1280/7172261, Haspa, Kennwort „Hilfe für Bosnien“; AWO-Infotelefon: 4140 2329