Ganz cool zwischen Walle und Westcoast

■ Der Bremer Jazzsaxophonist Eckhard Petri, unterwegs zu allem, was Spaß macht: Satie und Monk, Bigbandjazz und Neue Musik/ Jazz in Bremen (6)

Jazz zwischen Theater, Schule, Galerie und Sportverein: man muß findig sein, um sich als Saxophonist in Bremen die Nischen für seine Musik zu schaffen. Eckhard Petri hat sich mit seinen verschiedenen Projekten meist an den Grenzgebieten des Jazz angesiedelt. Im Duo mit Dietmar Kirsten führt er etwa im Jungen Theater ein Programm mit der Musik und Texten von Thelonious Monk und Erik Satie auf. Die Show ist dabei nach dramaturgischen Kriterien aufgebaut, die Texte werden oft auf die komische Wirkung hin vorgetragen, und so pendelt dieses Programm ständig zwischen Theater und Konzert. So gibt es einen ganz anderen Zugang zu den bevorzugten Musikrichtungen der beiden genialen Eigenbrötler, und es stört Petri nicht, wenn puristische Klassiker über diese jazzige Interpretation von Saties Musik die Nase rümpfen. Ihm geht es um die Parallelen zwischen Monk und Satie, die beide ähnlich „statisch und skurril“ komponiert haben, und es wert sind, als „interessante Persönlichkeiten“ vorgestellt zu werden.

Angefangen hat Petri, wie fast alle Jazzer die jetzt zwischen 30 und 40 Jahre alt sind, in einer Jazzrockband. Die legendäre Bremer Formation „Zahara“ gab es nur etwa ein Jahr und eine Plattenproduktion lang, und auch der Sonderpreis der Deutschen Phonoakademie 1981 änderte nichts an dem Dilemma, daß es damals einfach zuviele ähnliche Bands gab, die sich alle mit „Weather Report“ vergleichen lassen mußten.

Zehn Jahre später – nach einem abgeschloßenen Lehramtstudium und Erfahrungen in verschiedenen Bands – spielte Petri dann in der Gruppe „Raum 19“ kompromißlos freien Jazz. Diese Formation trat immerhin auf Festivals in Leningrad und Vilnius auf, aber das Projekt scheiterte für Petri daran, daß letzlich keine Balance zwischen „freiem Spiel und den geschriebenen Passagen“ gefunden wurde.

Petris Stärke liegt eindeutig im melodischen Spiel, und am bisher überzeugensten klingt er mit seiner Gruppe „Cool Position“, die im Stile des Westcoast-Jazz aus den 50er Jahren in einem Quartett mit zwei Bläsern und ohne Piano spielt. In diesem fast klassischen Rahmen will Petri „spannende, melodische Linien entwickeln“. Während bei seinem Mitspieler Dierk Bruns (Baritonsaxophon) heftigst Gerry Mulligan mitklingt, sind Petris Vorbilder in dieser Formation Art Pepper und Lee Konitz.

Und auch als festes Mitglied des Günther Späth Quintetts spielt Petri traditionellen, gefälligen Jazz: Standards aus den 50er und 60er Jahren und als modernistischen Ausrutscher gerade mal eine Komposition von Chick Corea. Bei seinem Soloprogramm, mit dem er manchmal zu Vernissagen in Galerien oder zu Dichterlesungen engagiert wird, nähert sich Petri dagegen der Neuen Musik.

Dort interpretiert er um die Stimmung kultiviert aufzulockern die Kompositionen von Reo Noda: japanische Folklore für das Saxophon arrangiert, bei der Petri „alle neuen Spieltechniken im melodiösen Zusammenhang“ vorstellen kann.

Die „Big Band Walle“, bei der Petri nun schon seit sieben Jahren die Proben leitet, ist für ihn fast wie ein „Sportverein“: eine Gruppe von Musikliebhabern, die sich regelmäßig einmal in der Woche treffen, um zusammen Jazz zu machen, und sich nicht daran stören, daß „sie in keiner Liga mitspielen“. Petri selbst sitzt im Bläsersatz der „Big Band Bremen“, einer durchaus professionellen Gruppe von Musikern aus Norddeutschland (laut Eigenwerbung „die fröhlichste Big Band Nprddeutschlands“) , die 3 – 4 mal im Jahr von Ed Kröger für Auftritte zusammentelefoniert werden.

Sein regelmäßiges Einkommen verdient sich Petri wie fast alle seiner Kollegen mit Unterricht zu Stundenverträgen an den verschiedenen Musikschulen der Stadt. So hält er sich mit vielen verschiedenen Projekten und Jobs über Wasser – und scheint dabei ganz zufrieden zu sein.

Als nächstes Projekt plant er wieder mit dem Pianisten Dietmar Kirsten ein Programm mit Songs und Texten des Komponisten und Arrangeur der Ellingtonband Billy Strayhorn – er „mag einfach gerne Lieder“.

Willy Taub

Die Big Band Walle feiert ihr 10jähriges Bestehen mit viel Live-Musik am Freitag und Samstag, jeweils um 21 Uhr im Waller „Kairo“, Reuterstraße 9 - 17