Profit geht vor Prestige

■ Bonn schlägt hohes UNO-Amt aus

Genf (taz) – Aus Rücksicht auf künftige Wirtschaftsbeziehungen mit dem Irak hat die Bundesregierung am Dienstag den ihr angetragenen Vorsitz in dem UNO-Ausschuß abgelehnt, der über Kompensationsansprüche gegen Irak entscheiden muß. Das berichteten westliche Diplomaten aus den laufenden Ausschußberatungen über die Nachfolge des zum Jahresende ausscheidenden Vorsitzenden. Der Vorsitz des Ausschusses ist laut Statut den von der UNO-Generalversammlung auf zwei Jahre gewählten nichtständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat vorbehalten. Traditionell ging er bisher immer an ein westliches Land. Ab 1. Januar 1995 sind Deutschland und Italien die beiden auf zwei Jahre gewählten westlichen Ratsmitglieder. Italien hatte wegen der Übernahme der EU-Präsidentschaft 1995 schon abgewunken. So richteten sich die Erwartungen aller Ausschußmitglieder auf Deutschland. Auch die Bonner UNO-Botschaft in Genf empfahl der Bundesregierung dringend die Übernahme des Amtes. Als Vorsitzender wäre der Genfer UNO-Botschafter Jelonek in Frage gekommen.

Das Abwinken hat seine Gründe. Seit Ende des Golfkrieges vor dreieinhalb Jahren haben Privatpersonen, Firmen und Regierungen bei dem Ausschuß Kompensationsansprüche gegen Irak in Höhe von insgesamt 200 Milliarden US-Dollar angemeldet. Der Ausschuß muß über die Berechtigung der Ansprüche entscheiden und festlegen, welche Summen der Irak in welchen Zeiträumen tatsächlich zu zahlen hat. Aus Sorge, die absehbaren Konflikte zwischen dem Ausschuß und der Regierung in Bagdad könnten bei einem deutschen Ausschußvorsitz künftige Wirtschaftsbeziehungen mit dem Irak erschweren, entschied die Bundesregierung jedoch gegen die Übernahme des Genfer UNO- Amtes. Statt dessen schlägt Bonn den UNO-Botschafter Graf von Rantzau als neuen Vorsitzenden des ebenfalls zum 1. Januar von einem nichtständigen Mitglied des Sicherheitsrates zu besetzenden New Yorker UNO-Ausschusses zur Überwachung der Wirtschaftssanktionen gegen den Irak vor. Wirtschaftbeziehungen gegen den Irak werden wieder möglich, wenn die Sanktionen aufgehoben oder gelockert werden. Damit wird in UNO-Kreisen für die erste Hälfte 1995 gerechnet. Der New Yorker UNO-Ausschuß zur Sanktionsüberwachung verlöre dann an Resonanz. Andreas Zumach