Viel Geld für'n bißchen Risiko

■ Morgen boxt der „Tiger“ gegen Nestor Giovannini um den WM-Titel

Er hat in zahlreichen Talkshows Werbung in eigener Sache gemacht und sich vom großen Max Schmeling den „Ritterschlag“ abgeholt: Morgen läßt Dariusz Michalczewski gegen den argentinischen Titelverteidiger Nestor Hipolito Giovannini wieder die Fäuste sprechen. Der 26jährige Wahl-Hamburger polnischer Abstammung will am Sonnabend in der Alsterdorfer Sporthalle als erster Deutscher Doppel-Weltmeister der Boxprofis werden und hätte damit sogar seinem großen Rivalen Henry Maske – Weltmeister der International Boxing Federation (IBF) – etwas voraus. Champion der World Boxing Organisation (WBO) im Halbschwergewicht (bis 79,4 Kilogramm) ist der Tiger seit seinem Sieg am 10. September gegen Leeonzer Barber. Jetzt soll es als Zugabe beim vierten und kleinsten Weltverband noch der Titel im Cruisergewicht (bis 86,2 Kilogramm) sein.

Ein sportlich fragwürdiges, finanziell aber lohnendes Unternehmen hat sich der Hamburger Manager Klaus-Peter Kohl für seine 50. Jubiläums-Veranstaltung ausgedacht. Zudem fast ohne jedes Risiko. Gewinnt der in 24 Kämpfen ungeschlagene Michalczewski, der auch gegen den Argentinier Favorit ist, muß er laut WBO-Reglement einen WM-Titel binnen zehn Tagen zurückgeben. Verliert Kohls Schützling, bleibt ihm immer noch der lukrative Halbschwergewichts-Gürtel. „Eine Niederlage wäre eine mittlere Katastrophe“, versucht Kohl dem Kampf wenigstens etwas Brisanz zu verleihen.

Die Kasse stimmt auf jeden Fall: Der Fernsehvertrag und 7.000 Zuschauer in der wahrscheinlich ausverkauften Halle decken den Etat von rund einer Million Mark mehr als ab. Giovanninis Gage soll bei 250.000 Mark liegen, Michalcewskis etwas darunter – aber immer noch doppelt so hoch wie bei seinem ersten WM-Triumph. „Giovannini ist ein erfahrener Mann“, lobt der Tiger seinen sieben Jahre älteren Rivalen, der von fünfundvierzig Fights nur sieben verlor. Jedoch: „Er boxt unsauber und hat einen komischen Stil.“

In der Vorbereitung präsentierte sich Michalczewski als Profi, der er seit 1991 ist: Er zog für drei Wochen von seiner Familie weg und ins Hotel. Trainer Fritz Sdunek sorgte für die körperliche Fitneß, US-Kollege Chuck Talhami für Feinschliff und taktisches Konzept. Der einstige K.o.-Schläger habe sich zu einem intelligenten Boxer entwickelt, lobt Talhami.

Welchen Titel Michalczewski im Falle seines Sieges zurückgeben wird, ist ungewiß. Verzichtet er auf den Halbschwergewichts-Gürtel, ist der Reiz dahin, die alleine die Diskussion um ein eventuelles deutsch-deutsches WM-Duell gegen Konkurrent Maske birgt. Im Cruisergewicht warten möglicherweise die attraktiveren Gegner: Der alternde US-Boxstar Thomas Hearns (36), Ex-Weltmeister in fünf verschiedenen Klassen, wird am Sonnabend samt Manager zu Verhandlungen erwartet. Ein Duell gegen Hearns könnte wirklich das große Geld bringen – vor allem in den USA, in denen der Tiger bislang noch nicht allzu bekannt ist. Aber das kann sich ja ändern, wenn Michalczewski den Sprung wagen sollte. Max Schmeling zumindest hat ihm dazu geraten. dpa/cleg