Schulchaos im Schnelldurchgang

■ Der satirische Drei-Minuten-Clip „Full House“ zeigt den Alltag der Massenklassen – und wird dafür auch noch prämiert

„Achtung ein Verkehrshinweis: Autos und Radfahrer werden gebeten, die Schule am Leibnizplatz weiträumig zu umfahren. Schüler sollten dieses Gebäude ebenfalls meiden, es ist überfüllt.“ Da heute sein erster Schultag ist, beachtet Arne die Warnung nicht. Er öffnet die Tür zum Klassenzimmer – wo sich bereits die MitschülerInnen stapeln: In großem Schwall purzeln sie ihm entgegen, hoffnungslos, rettungslos... Schnitt.

Mit ihrem Video-Clip „Full House“ wollen die SchülerInnen der Integrierten Stadtteilschule am Leibnizplatz auf ihren akuten Raummangel aufmerksam machen; jetzt gewannen sie ganz nebenbei auch noch den bundesweiten Wettbewerb „Make A Video“ in der Altersklasse bis zwölf Jahre. Der Wettbewerb wird seit zwei Jahren von der ARD und anderen europäischen Fernsehanstalten ausgeschrieben. Letzte Woche nahm die Bremer Video-AG „Videokeks“ beim WDR in Köln ihren Hauptpreis entgegen. Nach Meinung der Bundesjury ist der Beitrag „die gelungene Darstellung eines politischen Anliegens der Schüler.“

Und für Christoph und Arne von „Videokeks“ ist die Überfüllung ihrer Schule in der Tat ein Anliegen: „Wir werden zum Teil in Containern unterrichtet. Und für Fächer wie Sport, Chemie oder Physik müssen wir an andere Schulen ausweichen.“ Ursprünglich war der Clip für den Offenen Kanal Bremen produziert worden. Im Februar hatte sich die Schule dort in einer halbstündigen Sendung vorgestellt. „Der Clip schien uns wirklich gelungen, deshalb haben wir ihn beim Wettbewerb eingereicht“ sagt der Medienlehrer Rainer Hartmann.

Auch die Jury war begeistert. Die „ernsthafte Thematik wird humorvoll überspitzt und liebevoll umgesetzt“, heißt es in der Begründung. „Der Einsatz der subjektiven Kamera überzeugt.“ Der Gang durch überfüllte Klassenräume, die Lehrerin , die „Full House“ auf die Tafel schreibt, die aus der Tür platzenden Schülerinnen – diese Szenen wurden in kurzen Einstellungen gemixt, teils in rhytmischer Schnittfolge wiederholt und mit Musik von Ringo Starr unterlegt.

Was den SchülerInnen bei der Produktion am meisten Spaß gemacht hat? „Ich finde, es tut der Klassengemeinschaft gut, so was zusammen zu proben und zu drehen,“ meint Christoph. Die sechste Klasse zum Beispiel mußte eine Woche lang täglich eine Stunde üben, bis Arne entgegenpurzeln konnte. Der Einsatz scheint sich gelohnt zu haben: Im Mai 1995 wird der Video-Clip auf Europa-Ebene in Helsinki zum Wettbewerb antreten. dam