Weihnachtsmänner, Weihnachtsfrauen (3)
: Meine tolle Familie

■ Heute: Heiligabend bei „Hucky“ Heck

Draußen bitterkalt. Viel Schnee. Drinnen Pute auf dem Tisch, Fischerchöre auf dem Plattenteller, Rommèkarten auf der Hand – und heute gehört der Papa (Chefarzt) uns: So ist Weihnachten in der Erinnerung des ehemaligen Viertel-Bürgermeister Dietrich „Hucky“ Heck. Der heute zweimal in der Woche Bier in einer brasilianischen Gaststätte ausschenkt.

Weihnachten heute ist für Hucky, um das erstmal abzuhaken, eine „abstruse Schenkerei, Liebesbeweise über den Wert des Geschenkes, erschreckend“. Drum schenken sich die Geschwister Heck seit 15 Jahren nichts mehr. In seiner Wohngemeinschaft findet man mit Glück ein paar Nüsse, doch kein Tannengrün. Aber dann. Dann macht er zwei Kerzen an, die Augen fangen an zu schimmern, und er erzählt begeistert von den langen Nächten und Lichterketten. Wie er sich's Heiligabend immer schön macht, in fernen Ländern wie Indien („schön essen gegangen“) oder zu Hause. Er hat keine eigene Familie geründet. „Zu Hause“ ist bei Mutter.

Eigentlich war er Heiligabend immer zu Hause. „Aus Dankbarkeit.“ Das war in seiner Spontizeit in Freiburg und Heidelberg so, das war zu seiner Landkommunezeit in Osterholz-Scharmbeck so, als die Kommunarden das Privateigentum, das eigene Zimmer und die Zweierbeziehung auflösten. Es war mehr als Dankbarkeit. „Bestimmte Formen der Bürgerlichkeit sind 100% in Ordnung,“ findet Hucky und gerät ins Sinnieren über den Wert der Alternativen, die die Alternativen gefunden haben.

Bestimmte Formen: Der Baum, mit dem Ältesten zusammen gekauft und geschmückt; Lametta, Engelshaar, Kerzen, darunter ein Bettuch „wie Schnee“; ein Stall, von Klein-Dietrich selbst gezimmert; die Pakete, darinnen Geschenke, die „echte Überraschungen“ waren, nichts abgesprochen. Die Weihnachtsgeschichte, um die Spannung ins Unermeßliche zu steigern (“diese Nummer aus der Bibel“). Und dann Stille Nacht. Bis „... einsam wacht / nur das traute hochheilige Paar...“ kommt Hucky noch, der holde Knabe ist verloren gegangen.

Dieses Jahr feiert „die Familie“ in München unterm Christbaum. Die Schwester dort hat Kinder, die kriegen „natürlich was ganz Tolles“. Mutter auch, die will das mit dem Schenkwahn nicht einsehen. Um den Domgottesdienst kommt Hucky dieses Jahr also rum. Den findet er nämlich meist „voll Banane“. Es ist kalt dort, eng, und die Kinder quengeln. Was ihn trotzdem dort hinzieht? Ein Kirchgänger ist er keineswegs; andererseits Gott: „Die Frage, ob es ihn gibt, würde ich bejahen, ihn aber nicht definieren.“ Hucky hält viel von „christlichen Urwerten“: „Das christliche Glaubensgut finde ich zu 100% in Ordnung.“ BuS