Nord-SPD will Uhl stürzen

■ Arbeits-Senatorin kämpft gegen Zwei-Drittel-Hürde für ihre Wiederwahl

Über dem Dauerstreit der Bremerhavener Genossen ist in den vergangenen Wochen ein Konflikt öffentlich unbemerkt geblieben, der auch die SPD in Bremen-Nord zu zerreißen droht. Letzter Anlaß dafür ist das Verfahren, mit dem die große Mehrheit der Bremen-Norder Unterbezirks-Delegierten ihre Kandidaten für die Bürgerschaftswahl im September '95 küren möchte. Ginge es tatsächlich nach den von ihnen in der UB-Satzung festgeschriebenen Regeln, dann müßten die beiden einflußreichsten Nord-Bremer SPD-PolitikerInnen mit Ablauf der Legislaturperiode ihren Hut nehmen.

Sabine Uhl, seit 1975 Mitglied der Bürgerschaft und inzwischen Senatorin für Arbeit und Frauen, und Carl-Heinz Schmurr, Abgeordneter seit 1979 und stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft, können nur noch dann erneut kandidieren, wenn sie zuvor in einer getrennten Abstimmung die Unterstützung von zwei Dritteln der UB-Delegierten bekommen. Diese Sonderregelung für PolitikerInnen, die länger als 12 Jahre in Bürgerschaft oder Senat sitzen wollen, hatte der UB-Parteitag im vergangenen Herbst eigens in seine Satzung aufgenommen.

„Ich werde wieder kandidieren, aber dieser Vorabstimmung stelle ich mich nicht“, kündigte jetzt Sabine Uhl an, „denn die verstößt eindeutig gegen den Gleichheitsgrundsatz.“ Uhl glaubt denn auch nicht daran, daß die geänderte UB-Satzung vor der parteiinternen Schiedskommission oder dem Landeswahlleiter Bestand haben wird.

Das allerdings sieht Jens Böhrnsen, stellvertretender UB-Nord-Vorsitzender, ganz anders. Er ist hauptberuflich Richter am Bremer Verwaltungsgericht und meint: „Rechtlich ist unsere Regelung nicht bedenklich, denn wirklich beschlossen wird die Wahlliste doch erst auf dem Landesparteitag. Hier im Unterbezirk machen wir nur Vorschläge.“

Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht. Denn ein ungeschriebenes Gesetz regelt innerhalb der SPD haarklein den Proporz der Unterbezirke auf der Landesliste. Der Bremer Norden darf dabei entsprechend seiner Mitgliederstärke abwechselnd jeden fünften oder sechsten Platz besetzen. Geändert wird die vom Landesvorstand zusammengefügte Liste dann auf dem Parteitag nicht mehr. Aber nach dem Gesetz sind die Parteien zu innerparteilicher Demokratie, also auch zur Chancengleichheit bei der Kandidatenkür verpflichtet.

„Genau diese innere Demokratie wollen wir mit unserer Regelung doch stärken“, gibt UB-Vorstand Böhrnsen zu bedenken. Schließlich hätten langjährige Landespolitiker weit bessere Chancen, sich in ein gutes Licht zu setzen, als neue BewerberInnen von der Parteibasis. Da sei es nur gerecht, wenn die Promis sich auch einem höheren Quorum bei der Wahl stellen müßten. Persönlich hatte Böhrnsen allerdings zusammen mit dem UB-Vorstand zu einer Abschwächung der Zwei-Drittel-Schwelle auf eine einfache Mehrheit geraten. Doch die Bremen-Norder Delegierten wollten sich darauf bei ihrer letzten Konferenz am 5. Dezember nicht wieder herunterhandeln lassen.

Zusätzlich in Schwung gebracht wird das Nord-Bremer KandidatInnen-Karussell durch die Einführung einer harten 40prozentigen Geschlechter-Quotierung und die Abschaffung der Findungskommission des Vorstands. Damit kann jedes Parteimitglied, das von einem Ortsverein vorgeschlagen wurde, Ende April auf dem Unterbezirks-Parteitag für jeden beliebigen Listenplatz kandidieren. In den drei Monaten zuvor sollen sich die KandidatInnen in öffentlichen Veranstaltungen vorstellen.

Ein „juristisches Problem“ sieht auch der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Ost, Amtsrichter Wolfgang Grotheer, in dem Nord-Bremer Verfahren nicht. Wohl aber ein politisches, doch das „müssen die Genossen im Norden selber lösen“. Der SPD-Osten hat sich bisher auf „Empfehlungen“ für die Kandidatenkür beschränkt. Danach sollen PolitikerInnen „in der Regel“ nicht länger als 12 Jahre in der Bürgerschaft sitzen.

Ganz ohne eigene Beschlüsse geht lediglich der Unterbezirk West in die Kandidatenaufstellung zur Bürgerschaftswahl. „Für uns gelten die Empfehlungen der Landespartei, eigene Regeln brauchen wir nicht“, meint der UB-Vorsitzende Peter Sakuth. Auch er sitzt bereits seit über elf Jahren in der Bürgerschaft, hat allerdings das Glück trotz seines Umzugs nach Bremen-Nord weiterhin dem UB-West angehören zu dürfen. Ase