Neuer Bremsklotz für die Länderfusion

■ Auf Druck der SPD verschiebt Stolpe-Kabinett Entscheidung über Staatsverträge

Die Nachbargemeinden von Berlin können sich schadenfroh die Hände reiben. Im Kampf um möglichst hohe Steuereinnahmen haben sie ein starkes Interesse an der Ansiedlung von Gewerbe und Wohnungen im Berliner Umland und können weiterhin ungebremst den „Speckgürtel“ um Berlin ausbauen. Denn drei Staatsverträge, mit denen der Zersiedelung ein Riegel vorgeschoben werden sollte, werden die Berliner und Brandenburger Landesregierungen nun doch nicht am kommenden Dienstag verabschieden.

Für Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) ist es nämlich gestern unerheblich geworden, wann das „Dreierpack“ verabschiedet wird: jetzt gelte der Grundsatz „Sorgfalt vor Hektik“. Berlins Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) sprach von der „mit Abstand schlechtesten Nachricht“ auf dem Gebiet der Landesplanung.

Stolpe, Verfechter eines gemeinsamen Landes Berlin/Brandenburg, ist dabei von der eigenen Fraktion ausgebremst worden. Die 52köpfige SPD-Fraktion will nämlich die ihr im Detail unbekannten Verträge einsehen und möglicherweise ändern. Mit den drei Staatsverträgen sollte ein einheitliches Landesplanungsrecht geschaffen, die Leitlinien für ein Landesentwicklungsprogramm festgelegt und die Gründung einer gemeinsamen Landesplanungsbehörde ab 1996 beschlossen werden. Die Fraktion will Stolpe aber noch stärker ausbremsen. Sie hat gestern in der Landtagssitzung einen Antrag zur Länderfusion mit insgesamt 27 Änderungspunkten eingebracht. Bedeutendster Punkt: Berlin soll nicht wie vorgesehen 15 Jahre lang vom Stadtstaatenprivileg allein profitieren, sondern die Bundesgelder schon ab dem Jahr 2005 dem gemeinsamen Bundesland Berlin/Brandenburg insgesamt zugute kommen lassen.

Der Präsident des brandenburgischen Landesverfassungsgerichts, Peter Macke, machte gestern rechtliche Bedenken gegen den Staatvertragsentwurf zur Länderfusion geltend. Denn bis zum Inkrafttreten einer neuer Länderverfassung für das gemeinsame Bundesland soll als Ersatz ein sogenanntes Organisationsstatut geschaffen werden. Den Abgeordneten aus Potsdam und Berlin sei dadurch praktisch verwehrt, mit Grundrechtsbeschwerden gegen Gesetze vorzugehen, und kommunale Verfassungsbeschwerden seien überhaupt nicht mehr vorgesehen. Dirk Wildt