Unterm Strich

Taslima Nasrin hat gestern in Straßburg den Sacharow-Preis des Europa-Parlaments erhalten. 20.000 Mark. Bisherige Träger (u. a.): Nelson Mandela, Aung San Suu Kyi und die Tageszeitung Oslobodjenje in Sarajewo.

Nicht nur die Schriftkultur ... Auch die Band Loop Guru hat sich durch die Verwendung eines Koran-Loops auf ihrer neuen CD „Duniya“ fundamentalistische Drohungen eingehandelt. Unter der Überschrift „Koran sample slammed“ berichtet der New Musical Express, Londoner Fundamentalisten hätten die Aufnahme als „blasphemisch und korrupt“ gebannt. Ein Sprecher der Moslem Cultural Society sagte: „Die Empörung über diese Musik wird emorm sein. Es wird Aufruhr geben. Der Koran ist heilig.“ Da der Verkauf bereits eingesetzt hat, ist es zu ersten Konfrontationen zwischen Loop-Guru-Fans und Moslems gekommen. Ein Mann berichtete dem Musikmagazin, zwei erzürnte Moslems seien in seine Werkstatt gekommen, in der er die Platte hörte, um ihn mit den Worten zu konfrontieren: „This is Koran, Koran music is no good. You can't mix Koran and music.“ Ironisch an der Sache ist nicht nur, daß das Album „Duniya“ dem „wahren Geist aller Religionen“ gewidmet ist, sondern vor allem, daß das Sample von einem asiatischen Filmsoundtrack genommen wurde. Koran und Film darf man offenbar mischen.

Gestorben: der armenische Komponist Avet Terterian, der im nächsten Jahr Gast im Rahmen des Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) in Berlin sein sollte. Terterian erlitt während eines Festivals im russischen Jekatarinenburg einen Herzschlag.

Erst 13 Monate später ist, aufgrund einer Recherche von Le Monde, der Tod der „Sphinx der Haute Couture“, der als Madame Grès berühmten Germaine Emilie Krebs, bekannt geworden. Die Freunde, Kollegen und Bewunderer, die noch im September zur Eröffnung einer

großen Retrospektive am Metropolitan Museum in New York auf Madame Grès und ihr Werk anstießen, wähnten die alte Dame reiseunfähig, aber wohlauf in einem französischen Altersheim. Es war die Tochter Anne Grès, die den Tod mehr als ein Jahr verheimlichte, „aus Liebe“, wie Le Monde sie zitiert. Anzunehmen ist, daß auch der Grußbrief an das Handelsblatt Women's Wear Daily im Oktober aus der Tochter Feder stammt. Richard Martin, Kurator des Metropolitan, fand dies Verhalten „shocking and bizarre“ (demnächst mehr).

Unsere Lieblingsfrage im Lieblingsinterview unserer LieblingszeitungJunge Welt ist heute dem großen Wirkkreis musikalischen Schaffens entnommen. Sie war an den Gitarristen und Sänger David Lowery (Camper van Beethoven) gerichtet und lautet: „Oft entfremdet ein Hit die Fans einer bis dahin unbekannten Band von dieser. Wer als Alternative gelten will, ist zur Erfolglosigkeit verurteilt. Macht das für Dich Sinn?“

Volker Schlöndorff mußte nach eine Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ ein Projekt begraben, weil ihm keine öffentlichen Mittel bewilligt wurden. Der Film sollte von RAF-Terroristen handeln, die in der DDR untergetaucht waren. Das Drehbuch stammte von dem renommiertesten Szenaristen der DDR, Wolfgang Kohlhaase. Aber davon wollte sich kein einziges Fördergremium beeindrucken lassen, und es wollte sich auch kein einziger Fernsehsender beteiligen. Der Filmbeauftragte von Berlin-Brandenburg, Klaus Keil, sagte zur Begründung, das Vorhaben sei höchstens geeignet für ein „kleines Fernsehspiel“.

Julius Schoeps, der Direktor des Jüdischen Museums in Wien, bleibt trotz seiner vielkritisierten Unterstützung für den Bildhauer Alfred Hrdlicka in der Hrdlicka-Biermann-Affäre im Amt. Der Aufsichtsrat des Museums akzeptierte am Mittwoch seine Entschuldigung.