■ Berlusconi ist am Ende, aber was kommt dann?
: Land unter

Bei aller Freude als gestandener Linker, daß sich der Großunternehmer Berlusconi immer mehr als regierungsunfähig erweist, seine Rechtsallianz bereits nach einem halben Jahr in die Brüche geht: Man sollte nicht vergessen, was nach Berlusconi kommen kann. Und das ist keineswegs so rosig, wie man hoffen mag. Laut Berlusconi kommt nach ihm das Chaos. Das meint er selbst natürlich so, daß die Linken per definitionem kein dem Lande bekömmliches Programm haben, keine vernünftige Regierung bilden und keine der Unternehmerschaft – den für ihn einzig relevanten „Trägern“ der Gesellschaft – förderliche Administration garantieren können. Das ist natürlich Unfug – und doch könnte die Prognose des Chaos wirklichkeitsträchtiger sein, als es uns lieb ist.

Tatsächlich nämlich würde sich bei einem Machtverlust der Rechten mit Sicherheit die bisher gezeigte Zurückhaltung sofort in Luft auflösen. Die von Neofaschisten-Chef Gianfranco Fini zwecks demokratischer Anerkennung verordneten Samthandschuhe im Umgang mit dem politischen Gegner, der Verzicht auf die Besetzung der Straßen und die Provokation von Unruhen – sie wären im Nu weg, drohte den gerade auf alle möglichen Posten und Pöstchen gehievten Rechten der Verlust ihrer Stellungen. Bereits die ersten Absetzbewegungen der Liga Nord aus der Koalition im Oktober hatten im Parlament Schlägereien ausgelöst. Der Erfolg der Opposition in Sachen Antitrust- und Mediengesetze hatte Mitte dieser Woche beinahe den Einsatz von Ordnungskräften im Plenarsaal erfordert. Vor dem Mailänder Justizpalast lieferten sich Anhänger der Forza Italia Berlusconis, die sich immer gerne unter die „moderaten Kräfte“ einreihen, mit Fans des zurückgetretenen Chef-Ermittlers Di Pietro und Polizisten Auseinandersetzungen.

Es geht hier nicht darum, Berlusconi weiteres Wursteln zu wünschen, nur weil seine Absetzung schwere soziale Unruhen bis hin zu Bürgerkrieg verheißen würde. Doch gerade weil wir ihn unerträglich finden, seinen Sturz herzlich wünschen, müssen wir uns auch klarmachen, was nach ihm kommen kann. Werner Raith, Rom