■ Bernard Tapie darf keine öffentlichen Ämter bekleiden
: Hörbares Aufatmen der Sozialisten

Als Bernard Tapie Erfolg hatte, nahm sich die Sozialistische Partei seiner an. Er verkörperte, was den Pariser Technokraten fehlte: Er war Arbeiterkind, hatte sich allein zu Geld und Macht durchgeboxt, strotzte vor Kraft und Selbstbewußtsein und liebte den Fußball. Er war das ideale Identifikationsmuster für eine Anhängerschaft, die abzuwandern drohte.

Die SozialistInnen setzten den parteilosen Tapie auf ihre Listen und eröffneten ihm den Weg in regionale Gremien, in das nationale Parlament und – 1989 – in die französische Regierung. Er war ihr populäres Aushängeschild. Spätestens seit seiner berühmt-berüchtigten Fernsehdebatte mit dem Chef der Front National, Jean-Marie Le Pen, war er auch ihr Markenzeichen für den Kampf gegen die extreme Rechte.

Als sich Tapie unabhängig machte, hielt sich die sozialistische Partei zurück. Sein Erfolg machte ihn als Gegner zu gefährlich. Selbst als Tapie sich längst eine eigene Partei zugelegt hatte, die heutige Radical, zeigte sich der sozialistische Präsident François Mitterrand noch gern mit ihm. Mitterrands Sympathie für eine Präsidentschaftskandidatur Tapies war bis zuletzt unübersehbar.

Als Tapie in diesem Sommer mit den Stimmen von 2,5 Millionen WählerInnen ins Europaparlament einzog, zeigte der bereits von zahlreichen Gerichtsverfahren überzogene Mann, welches politische Potential in ihm steckt. Zusammen mit mehreren den SozialistInnen abgeworbenen PolitikerInnen ging er in das Straßburger Parlament. Seither zittert die sozialistische Partei, die nur ein paar Hunderttausend Stimmen mehr als Tapie bekam, vor ihm. Der einstige Günstling war zur „Drohung Tapie“ geworden. Seine Präsidentschaftskandidatur hätte einen sozialistischen Kandidaten möglicherweise bereits im ersten Durchgang scheitern lassen. Die Spitze der Partei hoffte darauf, daß Tapie bei einem seiner Prozesse das passive Wahlrecht entzogen werden würde. Die Pariser Gerüchteküche beschwor, daß der konservative Regierungschef persönlich genau das verhinderte. Als der Lieblingskandidat der Sozialisten, Jacques Delors, vor wenigen Tagen die Kandidatur dankend ablehnte, wuchs diese Angst ins Unermeßliche. Denn die potentiellen sozialistischen ErsatzkandidatInnen für Delors wären alle an Tapie gescheitert. Nur ein paar ganz abseitige SozialistInnen hielten eine Tapie- Kandidatur plötzlich für unterstützungswürdig.

Die gerichtliche Bankrotterklärung des populärsten Gauners Frankreichs räumte der Partei, die ihn groß gemacht hatte, ein beträchtliches Problem aus dem Weg. Ihre Häme ist unüberhörbar. Dorothea Hahn