Die Vier vom Toilettenhäuschen

■ Das Bezirksamt Altona räumt Obdachlose auf die Straße

Die Unordnung in seinem Wohnzimmer ist Günter Rieck total peinlich. Normalerweise hält er es picobello aufgeräumt, aber seit einer Woche stapeln sich Kisten, Decken und Stangen in dem selbstgebauten Unterschlupf im Park am Altonaer Balkon. Bei Rieck und seinen drei Mitbewohnern herrscht Notstand, denn am Montag droht ihnen ein Räumkommando der Polizei. „Wir bringen schon die Sachen in Sicherheit“, sagt Rieck.

Seit einem Jahr leben die Männer dicht bei dem steinernen Toilettenhäuschen. Von den Anwohnern haben sie allerhand geschenkt bekommen: Kommoden, eine Schrankwand, Geschirr für den Hilfskoch Heinz-Gerhard Junge, der vorzügliche Mahlzeiten zubereitet. Niemand fühlte sich gestört, sommers wie winters kommt eine ältere Anwohnerin, füttert Vögel und trinkt bei den Männern Kaffee.

Damit soll jetzt Schluß sein. „Vierzehn Tage vor Weihnachten fällt denen vom Bezirk ein, daß wir weg sollen“, schimpft Rieck. Klaus Leven, Rechtsdezernent im Bezirksamt Altona, will die Vier aus dem Park entfernen, „weil ich nicht Vorwürfe hören möchte, das Bezirksamt lasse Menschen draußen erfrieren“, erklärt er den Handlungsbedarf. Ein anderer Beweggrund könnte jedoch Furcht sein: Im Altonaer Rathaus geistert die Angst vor der Obdachlosen-Armada herum. Die gesammelte Dezernentenrunde hatte im Sommer beschlossen, nicht alles zu dulden: „Wir haben hier schließlich schon mit den Bauwagen so allerlei am Hut, da können wir nicht auch noch wildes Zelten erlauben“, sagt Leven.

Die Vier vom Toilettenhäuschen halten derzeit noch kostenlos und freiwillig den Park sauber: „Ich achte sehr auf meine Hygiene“, sagt Rieck. Nebenbei sammeln die Männer Müll ein, fegen die Gehwege und haben schon vielen Spaziergängern im Notfall ausgeholfen: „Gestern hab' ich meine beiden letzten Tempos weggeben müssen“, sagt Junge, denn auf der Toilette gibt's kein Papier. Die Männer würden gern die beiden hinteren Räume des stabilen Gebäudes beziehen. Doch die sind belegt, sagt Leven: „Das Gartenbauamt braucht die als Lagerfläche“.

Keiner der Männer will wieder in Hotels oder Obdachlosenunterkünfte ziehen: „Ich schlaf' dann wieder auf der Straße“, sagt Junge. Und Rieck, der seit sieben Jahren ohne feste Unterkunft lebt, weiß: „Das mach ich nicht noch mal mit.“

Katrin Wienefeld