Pralle Selbstzufriedenheit

■ Burglesumer ProvinzpolitikerInnen verhindern Diskussion mit Weidedamm-Verein

„Kennenlernen“ – das sollte der Zweck einer Versammlung sein, zu der sich am Donnerstag abend gut 250 BurglesumerInnen zur Bürgerversammlung einfanden. Das „Kennenlernen“ fand statt – wenn auch ganz anders, als die zwölf VertreterInnen des Vereins „Grüner Weidedamm“ es sich erhofft hatten. Sie nämlich hätten zu den Plänen für ihre „ökologische Siedlung“ befragt werden wollen, die demnächst vom Weidedamm weg auf das Burglesumer Friedhofsgelände umziehen soll. „Ich erzähl' Ihnen alles“, versicherte Klaus Möhle, Sprecher der Initiative, immmer wieder. Umsonst.

Die Bremen-NorderInnen wollten ihre neuen NachbarInnen nicht kennenlernen. Denen half es deshalb kaum, wie Klaus Möhle über Broterwerb und bisherige Lebensführung Auskunft zu geben: „Ich bin nicht vorbestraft. Ich bin Heizungsbauer. Wenn Sie einen Auftrag haben, können wir ja auch mal darüber reden.“ Obwohl diese schlichte Ansprache die Stimmung für einen Moment entspannte, blieben die BurglesumerInnen sauer. Erst einen Tag vor der Versammlung hatten die Ampel-Fraktionen in der Bürgerschaft den Plan bestätigt, das Projekt „dieser Rechtsbrecher“ vor ihre Haustür umzusiedeln. Die Friedensangebote des Weidedamm-Vereins, „wir haben doch auch einen Konflikt mit der Umweltbehörde“, ignorierten sie in der Pose der selbstgefälligen Ordnungshüter. „Besetzer“, wollen sie nicht in ihrer Nähe wohnen haben.

„Früher waren sie doch für Basisdemokratie“ warfen die Aufgebrachten Umweltsenator Fücks vor. Daß der es „bitter“ fand, „politische Verantwortung auch gegen den Willen von Beiräten wahrzunehmen“, brachte eher Schadenfreude auf die Gesichter. Nun zeigte man ihm, was es heißt, Volkes Willen zu mißachten. Sein Eingangsplädoyer, den „alternativen Parzellisten“ eine Chance“ zu geben, schmetterte der Saal mit lautem „Nein“ ab. „Die sollen doch in die Wüste gehen.“ Obwohl Ortsamtsleiter Dieter Kück sich für dieses Mal eine sachliche Auseinandersetzung „ohne unglückliche Äußerungen vom Zigeunerlager“, wie neulich geschehen, erbeten hatte – die Rede kam auf „Ratten“ und „Ungeziefer“.

Den zwölf jungen WeidedammlerInnen fiel der undankbare Part zu, sich der trotzigen Elterngeneration – die Mehrheit der anwesenden BurglesumerInnen war über 50 – zum Gespräch anzudienen. Sie taten es mit erstaunlicher Gelassenheit. Leider erst gegen Ende des Abends. Denn zuvor hatten die Beiratsmitglieder die Rednerliste ausgiebig für die politische Nabelschau gebucht. Weil sie die Nachricht von der geplanten Übergangslösung auf dem Burglesumer Friedhofsgelände aus der Zeitung erfahren hatten, präsentierten sich die VertreterInnen aller Fraktionen in einträchtiger Gekränktheit – und gaben so ein Paradebeispiel von Beiratspolitik als provinzieller Interessenvertretung.

Bemerkenswert bleibt, daß auch BürgerInnen die Chance zur Nachfrage kaum nutzten. Sachliche Einwände, Fragen nach der praktischen Gestaltung des „sozialökologischen Projektes“, kamen wenige. Bei den Antworten verzogen die Mienen sich schmerzlich. „Das wird kein propperes Parzellengebiet,“ mutmaßten die Menschen vor Ort und befürchten ein „Trojanisches Pferd“. Niemand will glauben, daß die fünfjährige Befristung für das Projekt eingehalten wird. Auch die Beteuerung seitens des Vereins, für Ordnung sorgen zu wollen, stößt auf Mißtrauen.

Eine der wenigen sachlichen Nachfragen kam von der Bürgerinitiative „Rettet das Werderland“: Ob die Friedhofsbesiedelung ein erster Schritt in Richtung Wohnbebauung sei, wollte ihr Vertreter wissen. Er habe als direkter Nachbar nichts gegen ein Ökodorf – wohl aber gegen eine Wohnbebauung des Werderlandes. „Das Gebiet wird unter Naturschutz gestellt“, versicherte Fücks. Das sei vereinbart, ebenso wie bestimmte Auflagen für die Weidedamm-InitiativlerInnen: Sie dürfen zum Schutz der Dunger Siedlung mit dem Auto nur bis zur Friedhofsverwaltung fahren, zahlen Abgaben und Pacht „wie andere Bürger auch“. „Und wenn das hier aus dem Ruder läuft, ist in zwei Tagen Schluß“. Zustimmung fand er dafür keine, ebensowenig wie für das Versprechen, zwei weitere Grundstücke in Burglesum zu prüfen. Stattdessen kam die Drohung, gegen die Umnutzung das Gericht einzuschalten.

Eva Rhode