Notfalls mit Mundschutz in den Palazzo Prozzo

■ Die Bürgerinitiative „Macht den Palast auf“ will einen Tag der offenen Tür

Das Innenleben des Palastes der Republik ist vielen ein Rätsel – ein schwarzer Kasten, in dem sich alles und nichts befinden kann. Mit nostalgischen Erinnerungen läßt er sich ebenso füllen wie mit Klischees darüber, was die DDR gewesen ist. Der Bau gammelt seit seiner Schließung 1990 vor sich hin. Ein Teil des Inventars wurde versteigert, und nun sollen Sprinkleranlage, Heizung und Strom abgestellt werden, was das Aus für die Bausubstanz bedeuten würde.

„Macht den Palast auf“, fordert seit Donnerstag die in der Architektenkammer gegründete Bürgerinitiative gleichen Namens. ExpertInnen für Städtebau, Kunstgeschichte und Asbestsanierung sprechen sich schon lange für seinen Erhalt aus, doch das hat wenig bewirkt. Gesunder Aktionismus wie ein „Tag der offenen Tür“ bringe möglicherweise mehr. Notfalls werde man einen Mundschutz tragen, sagt Gabi Dolff-Bonekämper, Denkmalpflegerin bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Raumbelastung sei nur stellenweise kritisch, vor allem im technischen Bereich, so Jürgen Dieckmann, Architekt und Vorsitzender der Asbestvereinigung. Im „Ruhezustand“ würden Gebäude außerdem nicht weiter ausfasern. „Eine öffentliche Inszenierung, wo vorgeführt wird, was möglich ist“, wünscht sich Dolff-Bonekämper. Dazu könnte auch eine Debatte im Saal der Volkskammer gehören. Die Alltagsgeschichte des Palazzo Prozzo zu rekonstruieren, sei eine Strategie, das tote Haus erfahrbar zu machen.

Nach der Sanierung soll der Palast ein „Kulturhaus für Mitte“ werden, wünscht sich die Initiative. Über eine simple Reanimierung wird dieses Vorhaben, das sicherlich nicht ohne Emotionen umsetzbar ist, hinausgehen müssen. Auch vorgestern waren diese zu spüren: Eine andere Bürgerinitiative, „Pro Palast“, wittert Konkurrenz. Sie kämpft mit den Komitees für Gerechtigkeit seit 1993 für die Sanierung. Ergebnis: 68.000 Unterschriften, „sanfte Belagerungen“ und ein jüngst nach Bonn geschicktes Nutzungskonzept. „16 Millionen haben gedarbt für dieses Haus, und deswegen muß es stehen bleiben“, argumentiert Liselotte Schulz für den Erhalt. Mit Skepsis nehmen sie und ihre Mitstreiter die Ideen der neuen Initiative zur Kenntnis. Schließlich verständigt man sich auf eine Zusammenarbeit. Doris Maassen