■ Talisma Nasrin in Frankreich
: Menschenrechts-Star?

Während ihres Frankreichaufenthaltes im November traf Taslima Nasrin drei junge muslimische Frauen, die das Recht, auch im laizistischen Frankreich ein Kopftuch zu tragen, energisch verteidigen. Hakima, 21, ist verheiratet und studiert Wirtschaftswissenschaften, Fatima, 20, studiert Englisch. Rahima, 16, ist Gymnasiastin und stand vor einem französischen Disziplinargericht, weil sie sich geweigert hatte, ihr Kopftuch in der Schule abzulegen. Am Ende hat sie – „aus Freude am Unterricht“ – akzeptiert, es gegen eine Mütze auszutauschen, die zumindest ihre Haare bedeckt. Wir dokumentieren hier das von dem Nachrichtenmagazin Le Nouvel Observateur arrangierte Streitgespräch.

Unterdessen ist Taslima Nasrin in Frankreich in die Kritik geraten. Kritik ist da allerdings ein mildes Wort. Die Vorwürfe, die in den letzten Wochen im Figaro und in Le Monde zu lesen waren, addieren sich zu einer merkwürdig anmutenden Kampagne: Es hieß, Nasrin habe ihren Roman „Lajja“ aus verschiedenen Quellen zusammengestohlen. (Als habe man noch nie etwas von dokumetarischer Literatur gehört.) Dann hieß es erst, die Fatwa sei gar keine wirkliche Bedrohung, weil von einer unbedeutenden Gruppe ausgesprochen. Schließlich sollte Nasrin sie sogar erfunden haben. Nasrin wurde als feministische Agitatorin bezeichnet, die „Männerprobleme“ auf dem Rücken der Frauen und des Islam austrage. Sie sei womöglich eine Agentin der Hindu-Fanatiker, mit dem Auftrag, den Ruf Bangladeschs zu zerstören.

Vorgestern hat Nasrin vom europäischen Parlament den Sacharow-Preis erhalten. Dagegen haben verschiedene ihrer Kritiker protestiert, mit Erklärungen, die wiederum in den genannten Zeitungen zu lesen waren. Ein Kommentar von Antoine de Gaudemar in der Libération vom letzten Donnerstag, der einzigen großen Zeitung, die sich an dem Kesseltreiben nicht beteiligt hat, erinnert daran, daß im September 1993 mehr als zehntausend Fundamentalisten von der angeblich erfundenen Fatwa mobilisiert wurden und durch die Straßen von Dhaka zogen. Daß die Regierung Bangladeschs einen Haftbefehl gegen die Autorin erlassen hat. Daß im Juli 1994 zweihunderttausend Demonstranten gegen Nasrin auf die Straßen gingen. Und zur Debatte um Nasrins literarische Fähigkeiten schreibt Gaudemar: „Halten diejenigen, die nun darüber diskutieren wollen, nur gute Schriftsteller der Verteidigung wert?“

Gaudemar vermutet, daß die Attacken von dem staatsmännischen Empfang provoziert wurden, den man Taslima Nasrin, „star des droits de l'homme“, in Frankreich bereitet hat.

Aber was ist dagegen eigentlich zu sagen? jl