Der gute Ruf von Preußisch-Oldendorf

Eine Druckerei in Preußisch-Oldendorf druckt sowohl städtische Broschüren, als auch rechtsextreme Propaganda / SPD, DGB und Antifa rufen für heute zur Demonstration auf  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) — Ganze 12.000 Einwohner zählt das zwischen Minden und Oldenburg gelegene Preußisch-Oldendorf (PrO). 150.000 Übernachtungsgäste pro Jahr lassen die Kassen des Städtchens klingeln. „PrO stimmt froh“, lautet der Slogan, der Erholungssuchende anlocken soll. Negative Schlagzeilen kann man sich in Preußisch-Oldendorf eigentlich nicht leisten. Daß es sie doch gibt, daran ist die Druckerei Kölle- Druck schuld. Dort wird nicht nur das Programm der örtlichen Volkshochschule gedruckt, sondern auch diverse neonazistische Hetzpostillen. Zusammen mit der örtlichen SPD und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wollen heute mehrere antifaschistische Initiativen dem Spuk ein Ende bereiten. Mit einer Demonstration soll „Druck auf Kölle- Druck“ ausgeübt werden.

Die Druckerei besteht seit 1947. Letztes Jahr übergab Seniorchef Erwin Höke, ein ehemaliger NPD- Funktionär, das Unternehmen an seinen Sohn Rainer. Die Firma druckt seit Jahren die „Bauernschaft“, herausgegeben von dem in Deutschland per Haftbefehl gesuchten Auschwitz-Leugner Thies Christophersen. Der ehemalige SS-Sonderführer koordiniert vom dänischen Kollund aus internationale Kampagnen der Rechtsextremisten. Sein Standardwerk „Die Auschwitz-Lüge“ ließ er ebenfalls bei Kölle drucken. Seniorchef Höhe versteht die ganze Aufregung nicht. Er sei Drucker und habe sich nicht um den Inhalt der Texte zu kümmern. Christophersen sei doch ein „seriöser und ernstzunehmender Mann“. Mehrere Jahre wickelte Kölle-Druck die Auslieferung für den Verlag K.W. Schütz ab. Die Bücher des früheren SS-Hauptsturmführers und NPD-Funktionärs Waldemar Schütz wurden wegen ihres NS- verherrlichenden Inhalts bereits mehrfach indiziert. Im Kölle-Firmengebäude ist zudem der „Deutsche Buchversand“ von Peter Dehoust, Herausgeber des rechtsextremen Monatsblattes „Nation & Europa“, untergebracht.

Neben Aufträgen aus dem rechtsextremen Spektrum druckt Kölle Hochglanzbroschüren der Stadt, Heimatbücher und eben das Programm der örtlichen Volkshochschule. Kölle sei eben der billigste gewesen, rechtfertigt VHS- Leiter Möllering die Auftragsvergabe. Auf der nächsten Verbandsversammlung wolle man jedoch prüfen, ob die Kontakte zur Druckerei mit den Bildungszielen der VHS vereinbar sind. Auch Oldendorfs Stadtdirektor Beermann erwägt, die Verbindungen mit Kölle zu beenden. „Ich möchte keine negativen Schlagzeilen für unsere Stadt.“

Ins Rollen kam die „Kölle-Affäre“ durch die „Antifa Lübbecke“. Sie recherchierte die geschäftlichen Beziehungen und initiierte die heutige Demonstration. Daran wird auch der SPD-Kreis Minden teilnehmen. Jedoch ohne Rolf Köster, Fraktionschef der SPD im Oldendorfer Stadtrat. Köster arbeitet seit vierzig Jahren im Kölle-Druck und sorgt sich um die zwanzig Arbeitsplätze. Er möchte lieber die Staatsanwaltschaft in die Pflicht nehmen und wundert sich, daß die rechtsextremen Zeitschriften nach wie vor „frei angeboten“ werden. Immerhin habe es in den letzten Jahren immer wieder Kollegen gegeben, die sich geweigert hätten, entsprechende Druckaufträge zu erledigen.

Bei Kölle werde „unter einem seriösen Deckmäntelchen faschistische Literatur gedruckt und vertrieben“, heißt es in dem Demoaufruf von Antifa, SPD und DGB. Einen Erfolg haben die Initiatoren bereits erzielt. Um die Firma nicht in „Mißkredit“ zu bringen, wollen Erwin und Rainer Höke in Zukunft auf den Druck der „Bauernschaft“ verzichten.