Charlotte Höhns Institut soll aufgelöst werden

■ Disziplinarverfahren eingestellt

Berlin (taz) – Nach langer Prüfung hat das Innenministerium gestern seine Entscheidung im Fall Charlotte Höhn bekanntgegeben: Die Direktorin des Wiesbadener Instituts für Bevölkerungsforschung bleibt im Amt – allerdings nur so lange, wie es das Institut noch gibt. Das nämlich soll aufgelöst und in das Statistische Bundesamt eingegliedert werden.

Das Innenministerium attestiert der Wissenschaftlerin „mangelndes politisches Gespür“, wie es allerdings von einer Behördenleiterin erwartet werden müsse. In einem in der taz veröffentlichten Interview hatte Höhn im September unter anderem über „Denkverbote“ geklagt, „zum Beispiel, daß man sagt, daß die durchschnittliche Intelligenz der Afrikaner niedriger ist als die anderer“.

Zum Zeitpunkt der taz-Veröffentlichung weilte die Wissenschaftlerin bereits zu Vorgesprächen der UNO-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo; wenige Tage später mußte sie vorzeitig nach Deutschland zurückkehren, wo ihre Äußerungen heftige Empörung ausgelöst hatten. Das Innenministerium suspendierte sie wenig später vorübergehend vom Dienst, um in „Vorermittlungen“ zu prüfen, ob die zitierten Äußerungen Anlaß zu disziplinarrechtlichen Verfahren geben würden. Die sind jetzt abgeschlossen. In seiner Erklärung widerspricht sich das Innenministerium allerdings selbst: Einerseits sei das „Gespräch“ gar nicht zum Zwecke der Veröffentlichung auf Tonband aufgezeichnet worden, andererseits habe Höhn die Abschrift des Tonbandes „nicht autorisiert“. Warum aber hätte Charlotte Höhn darum bitten sollen, die Abschrift durchsehen zu wollen, wenn sie nicht von einer Veröffentlichung ausgegangen wäre? Zudem, so heißt es weiter, sei die „problematische Tendenz der Äußerungen“ im wesentlichen erst durch die „bewußte Zitierung aus dem Zusammenhang heraus und der hierfür gewählten Überschrift“ erreicht worden. Das Disziplinarverfahren gegen Charlotte Höhn wurde eingestellt. Bernd Pickert