En-Ki-Duuuu!

■ Ein Gilgamesch-Literatur-Konzert

Das Gilgamesch-Literatur-Konzert, groß angekündigt mit Ulrich Wildgruber als Sprecher und dem Orchester des Prager Nationaltheaters, verbreitete am Sonnabend eine seltsam altbackene Stimmung. Das lag vor allem am Werk selbst: Das Oratorium von Bohuslav Martinu (1955) ist nicht gerade eines seiner Meisterstücke. Die Instrumente illustrieren allzu oft den gesprochenen Text, die klanglichen Experimente sind reduziert auf ein Minimum, die Madrigal-Teile im Chor sind leider viel zu kurz.

„Kunstvoll, ohne Scham“ liebten sich Gilgamesch und sein kraftvoller Freund Enkidu. Das war Kitsch vom Feinsten, sowohl im Libretto wie auch zuweilen in der Musik. Und auch in den ausgewählten Texten von Hans-Henny-Jahnn, die Ulrich Wildgruber zwischen den drei Teilen des Oratoriums deklamierte. Jahnn interessierte sich für ähnliche Teile aus dem großen babylonischen Epos wie der Komponist Martinu: Für den Versuch des Gilgamesch, seinen „Panther des Feldes“ wieder zum Leben zu erwecken. Doch das deutsche Libretto schreckte ab, mächtige Choreinsätze schmetterten banale Litaneien. „Er saß zu Füßen des Weibes“, sang der NDR-Chor (erstklassig), und „des Weibes Rede fand Widerhallll in seiner Brrrust“, tönte es kräftig aus dem Leib von Ulrich Wildgruber. Die Solisten verhielten sich anständig, nur der Tenor wünschte sich eine Komposition der anderen Art herbei: lauter, kraftvoller.

Der dritte Teil des Oratoriums konnte dann endlich überzeugen. „Ich schmeckte darin das Salz meiner Tränen“, bekennt Jahnns Protagonist, und die Sopranistin Jitka Sobehartová schaffte tatsächlich, mit leisen, eindringlichen Tönen den verlorenen Geliebten wieder heraufzubeschwören. Auf diesen Teil hätte der Komponist sich beschränken sollen – und auch die Veranstalter, die dem hervorragend ausklingenden Mammutteil an romantischer Besetzung (Orchester und Chor und alle Solisten) noch einen Jahnn-Auszug hinterherschoben. Gabriele Wittmann