Kirchenasyl zum Zweiten

■ Eine Umlandgemeinde Bremerhavens schützt Zairin erneut vor der drohenden Abschiebung Zweiter Fall von Kirchansyl

Sie stammt aus Zaire, ist 27 Jahre alt – und seit Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes ist sie die zweite Person, die in Bremerhaven Kirchenasyl fand. Am 7. Dezember zog die Zairin F. in die Evangelische Kirche in Altluneberg, im Landkreis Cuxhaven. Das ist nun schon das zweite Mal, seit sie 1992 nach Deutschland kam: Nachdem ihr erster Asylantrag im Mai dieses Jahres als „unbegründet“ abgelehnt worden war, hatte sie schon einmal die Sicherheit der Kirchenmauern gesucht. Die hatte sie erst wieder verlassen, nachdem ihr seitens der Innenbehörde zugesichert worden war, daß sie nicht in Abschiebehaft genommen würde – aber die droht nun wieder.

Denn der zweite Antrag, der Asylfolgeantrag, in dem die junge Frau aus Zaire neue Beweise von ihrer Gefährdung im Heimatland geltend machen wollte, war vom Bundesamt für die Anerkennung von Flüchtlingen in Zirndorf gar nicht erst zugelassen worden, obwohl der Bericht eines zairischen Pfarrers möglicherweise neue Tatbestände erbacht hätte. Das jedenfalls schätzen die Flüchtlingsberaterin Ulrike May-Bouhaddi und die Rechtsanwältin der zairischen Asylsuchenden, Gerda Baudisch-Cimens.

Deren Mandantin klagt nun beim Bremer Verwaltungsgericht – doch rechtlich gesehen schützt sie das nicht vor Abgeschiebung. „Deshalb wurde sie ins Kirchenasyl aufgenommen“, sagt Ulrike May-Bouhaddi. Denn der Kirchenvorstand und FreundInnen der Zairin befürchten, daß die Polizei einem Gerichtsentscheid des Verwaltungsgerichtes zuvor kommen könnte. „Sowas wäre für Bremerhaven nicht ganz neu“, so May-Bouhaddi. Selbst wenn der Zirndorfer Entscheid per Gericht aufgehoben würde, wäre es dann für ihren Schützling zu spät. Falls Frau F. aber in ihr zentralafrikanisches Heimatland abgeschoben würde, sei das Schlimmste zu befürchten. Das meint auch deren Anwältin. Denn sie erhielt von vier zairischen Mandanten, die in diesem Jahr abgeschoben wurden, keine Nachricht – obwohl das besprochen war. Von ihrem fünften Fall erfuhr sie, daß er sofort nach der Rückkehr nach Zaire im Gefängnis landete. Das gab sie in der vergangenen Woche vor der Presse bekannt.

Vor einem solchen Schicksal will die Altluneberger Gemeinde ihr afrikanisches Mitglied und deren mittlerweile 15 Monate alte Tochter, die in Deutschland geboren und in Altluneberg getauft wurde, schützen. „Zur Stärkung und aus Solidarität“ hält die Gemeinde seit Samstag jeden Abend um 19 Uhr einen Gottesdienst für Mutter und Kind. Denn man glaubt der Frau aus Zaire, daß sie auf einer Kirchendemonstration gegen das Regime General Mobutos verhaftet und später gefoltert wurde. Nachdem sie freikam, gelang ihr mit Hilfe der Kirche die Flucht außer Landes. Ihr Ehemann dagegen, der Organisator der Kundgebung, blieb in Haft. Mittlerweile starb er dort. „Die Gründe kennt hier niemand“, sagt die Pastorin der Gemeinde, Christa Naatjes.

Sie und ihre rund 2.000 Gemeindeglieder verlassen sich darauf, daß die Polizei den Kirchenfrieden nicht stören wird. Erst müsse alles geklärt werden. Denn mit dem neuen Schützling kommen tausend neue Aufgaben auf die Pastorin zu – „aber auf den Ämtern schiebt man uns weg und sagt, man sei nicht zuständig.“ Den Behördenleiter der Polizei, Michael Viehweger beispielsweise, habe man angeschrieben, damit er sich für eine Duldung einsetzt. „Aber er antwortet uns nicht“.

Für die taz war der Mann am Freitag noch zu sprechen – und gab Entwarnung auf kurze Sicht: „Wir haben das Kirchenasyl noch nie durchbrochen. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, daß wir mit Gewalt in eine Kirche eindringen“, sagte er. Die Amtshilfe seitens der niedersächsischen Polizei, die dafür nötig sei, sei ebenfalls nicht beantragt. Denn man wolle das Urteil des Verwaltungsgerichtes abwarten. Für den Fall, daß das allerdings negativ ausfällt, will er nicht versprechen, auch noch die Entscheidung des Petitionsausschusses abzuwarten.

Dann stünden einer Abschiebung nur Kirchenmauern entgegen – „und diese Situation müßte man im Gespräch lösen“, meint Viehweger. Eva Rhode