: Milliardenloch bei S-Bahn-Sanierung
■ Grüne: Bundesregierung kürzt Gelder um vier Milliarden Mark / Eröffnungstermine müssen verschoben werden / Neuer Zeitplan wird erarbeitet
Die S-Bahn soll offenbar nur noch als gigantisches Freiluftmuseum dienen – Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) nämlich hält sein Versprechen nicht, die Sanierung und den Ausbau des Berliner Schnellbahnnetzes bis zum Jahr 2002 mit 8,9 Milliarden Mark zu finanzieren. Lange geplante Eröffnungstermine für 1961 außer Betrieb gesetzte und für neue S-Bahn-Strecken müssen verschoben werden, für neue Züge fehlt das Geld.
Die Milliardenkürzung machte gestern der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Michael Cramer, öffentlich. Ein internes Papier der Verwaltung belege, daß Wissmann den zugesagten Betrag um vier Milliarden Mark reduziert hat. Verkehrssenator Herwig Haase und sein Staatssekretär Ingo Schmitt (beide CDU) würden die dramatische Finanzlage „aus opportunistischen Gründen verheimlichen“. Cramer forderte gestern, „daß der Senat endlich die Wahrheit sagt“.
Von der Verkehrsverwaltung war gestern so viel zu erfahren wie von dem Geschäftsführer der S-Bahn-GmbH, Axel Nawrocki – der schwieg. Die Bahn-AG dementierte die Kürzung um vier Milliarden ausdrücklich nicht und räumte ein, einen neuen Zeitplan zu erarbeiten. „Wir sind mit Berlin und dem Bund im Gespräch“, sagte Sprecherin Irene Liebau. Das Bundesverkehrsministerium wartete wiederum mit einer überraschenden Interpretation der Einigung zwischen Wissmann, dem Regierenden Bürgermeister Diepgen und Bahn-AG-Chef Heinz Dürr auf.
Die im November vergangenen Jahres erstrittenen 6,3 Milliarden Mark für Neu- und Ausbau fließen, meinte ein Sprecher, nur sei nie ausgehandelt worden, wann. Das damalige Verhandlungsergebnis ist für Berlin die Voraussetzung gewesen, im Bundesrat der Privatisierung von Deutscher Bahn und Reichsbahn – der Bahnreform – zuzustimmen.
Von den 8,9 Milliarden Mark sollten für 2,6 Milliarden neue S-Bahn-Züge gekauft werden. Das Geld für neue Züge ist nach Cramers Informationen auf 420 Millionen Mark zusammengestrichen worden – nicht einmal mehr ein Fünftel der 550 benötigten neuen sogenannten Viertelzüge könnte bezahlt werden. Mit den restlichen 6,3 Milliarden Mark sollten die Strecke Sonnenallee–Treptower Park (1996) wiederhergestellt, der Nordring mit Nordkreuz und der Strecke Gesundbrunnen nach Schönhauser Allee (1997/98) fertiggestellt sowie die Strecken Westkreuz–Spandau–Falkensee, Tegel–Hennigsdorf (1998) und Lichterfelde Süd–Teltow Stadt (1999) in Betrieb gesetzt, der Bahnhof Ostkreuz (2002) umgebaut und das übrige Netz grunderneuert werden. Dirk Wildt
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