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: Angenehm halbschräg

■ "Der Gletscherclan"

„Der Gletscherclan“, Sonntag, 20.15 Uhr, Pro 7

Wer mehr Geld hat, hat auch mehr Sorgen. Besonders viel vom einen wie vom anderen hat Ruprecht Jauffenberger. Der bajuwarische Sportmulti hat mit seinem US-Freund Americus einen Pakt geschlossen: Um einen finanziellen Engpaß zu überbrücken, hatte Jauffenberger Americus gegen einen größeren Bargeldbetrag die Anteile einer US-Tochterfirma überschrieben. Die erwirtschaftet aber inzwischen Gewinne. Nach Americus' Tod wird dessen Sohn daher wortbrüchig und reißt sich die Holding unter den Nagel.

Ähnliches geschieht zu Hause in München. Kaum hat Jauffenberger seinen Sohn zum Vize ernannt, nutzt der die Gelegenheit, um in Daddys Abwesenheit das Familienheiligtum zu veräußern. So zusammengefaßt erscheint „Der Gletscherclan“ wie die die Pulverschnee-Version zu „Hagedorns Tochter“. Allein, der Ton macht die Musik. Und „Der Gletscherclan“ ist voller schräger Akkorde.

Denn ob ein Film etwas taugt, ist bei den Privaten leicht feststellbar. Unterscheidet er sich ästhetisch von den Werbeblöcken, so ist er fast automatisch gut. Vor allem die erste Hälfte des Pilotfilms überzeugte. Gegenüber dem seltsamen Familienfest fiel die in den Staaten spielende zweite Hälfte merklich ab. Während im Garten ein betrunkener Feuerwerker zwischen seinen Raketen einschläft, führt der Film das Personal so ein, als hätte nicht Nikolai Müllerschön, sondern Jacques Tati die Regie geführt: Hektisch rennen alle aneinander vorbei, Halbsätze hängen in der Luft, und wir wissen zunächst gar nicht, um was es geht. Das gibt der Szenerie einen schrägen Drive, wie man ihn in diesem Genre selten sieht.

Die unter anderem mit Dietmar Schönherr und Irm Hermann angenehm halbschräg besetzte Serie gefiel wegen der Beiläufigkeit ihres Tonfalls. Vom plakativen Rauf und Runter der Gefühle befreit, entwickelt die Dramaturgie im „Gletscherclan“ zwischen den Haupthandlungssträngen nuanciertere Zusammenhänge als in üblichen Seifenopern. Weder synchronisierte noch untertitelte Passagen auf amerikanisch unterstreichen den Duktus dieser Serie, die nicht mehr bedingungslos auf Mehrheitsfähigkeit abzielt. Nicht alle sollen alles kapieren, dafür eröffnet sich wieder Raum zum Zuschauen: Hemmungslos eingesetzte Farbfilter betreiben Entstellung bis zur Kenntlichkeit. Manfred Riepe