Die Bundesbank fordert Steuersenkungen

■ Die Produktion der deutschen Wirtschaft übertrifft 1994 den Rekord von 1992

Frankfurt/M. (dpa/rtr/taz) — Die deutsche Wirtschaft erreichte im Sommer 1994 eine Rekordproduktion, die sogar noch den Wiedervereinigungs-Boom 1992 übertraf. In ihrem Monatsbericht freut sich die Deutsche Bundesbank über diesen Rekord im dritten Quartal 1994: Praktisch alle Konjunkturindikatoren „zeigen nach oben“, finden die Zentralbänker. Der Aufschwung habe in den letzten Monaten erheblich an Tempo gewonnen.

Besonders viel verkaufen deutsche Unternehmen weiterhin im Ausland; inzwischen sei jedoch auch die Nachfrage der deutschen Haushalte und Unternehmen gestiegen. Für 1995, so stellt die Bundesbank fest, planen die Unternehmen deshalb erstmals seit Beginn der Rezession wieder deutlich mehr Investitionen.

Doch der Aufschwung allein wird den wenigsten Arbeitslosen einen neuen Job bringen. Die Erfahrung zeigt, so die Bundesbank, daß „die westdeutsche Wirtschaft seit zwei Jahrzehnten aus jeder Rezession mit einem höheren Sockel an Arbeitslosigkeit hervorgegangen ist“. Auf diese Erkenntnis folgen die üblichen Forderungen: „Fortsetzung der im Jahr 1994 betriebenen zurückhaltenden Lohnpolitik“, Reduktion der Lohnnebenkosten, Abbau von Regulierungen. Schnelle Erfolge auf dem Arbeitsmarkt dürften aber auch dann nicht erwartet werden, heißt es weiter.

Entwarnung auch für die Maastricht-Freunde: Die Bundesbank prophezeit, daß die Bundesrepublik im nächsten Jahr das Staatsdefizit auf ein Maß herunterschrauben kann, wie es die Maastrichter Kriterien fordern. Diese Verbesserung des Etats beruht allerdings kaum auf staatlicher Sparpolitik, merkt die Zentralbank kritisch an. Vielmehr seien es vor allem neue Steuern, die die Bundeskassen füllen: der Solidaritätszuschlag, die höheren Versicherungs- und Vermögenssteuern. Gerade weil bisher kein Sparkurs erkennbar sei, müßten nun die Steuern und Abgaben heruntergeschraubt werden.

Die Abgabenquote werde 1995 fast 45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen, ein Niveau, „das nicht über längere Zeit durchgehalten werden könnte, ohne daß die Wachstumsmöglichkeiten ungünstig beeinflußt würden“, schreibt der Monatsbericht.

Auch die Inflationsrate könnte 1995 fallen, hofft die Bundesbank. Es gebe eine Chance, daß die Preise um weniger als 2,5 Prozent ansteigen. Auch in Ostdeutschland habe sich die Inflation in der letzten Zeit bei drei Prozent eingependelt. Felix Berth