Hitzig, aber fair

■ Leukämie-Experten weiter uneins

In einem waren sich die WissenschaftlerInnen so richtig einig: In „fairer, doch hitziger Atmosphäre“, seien die Sitzungen der beiden Kommissionen zur Aufklärung der Leukämiefälle in der Elbmarsch am Montag und Dienstag abgelaufen. Doch damit endete das Repertoire der Gemeinsamkeiten: Nach wie vor gebe es „extreme Unterschiede“ in den Bewertungen der bislang vorliegenden Studien, beklagte der Vorsitzende der schleswig-holsteinischen Kommission, Prof. Otmar Wassermann.

Ein Teil der Mitglieder beider Gremien sieht das Atomkraftwerk Krümmel als Ursache für die ungewöhnliche Häufung von Blutkrebsfällen in der Elbmarsch an – der andere Teil nicht. Längst ist die Ursachenforschung zur Glaubensfrage verkommen.

Die beiden Expertengremien aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein diskutierten auf einer gemeinsamen Sitzung am Dienstag in Kiel unter anderem die Ergebnisse einer Studie von Prof. Eberhard Greiser. Der Wissenschaftler hatte Daten zu 630 Leukämie-Fällen untersucht, die Schuldfrage aber nicht gestellt. Einhellig beschlossen die Kommissionen deshalb, eine „Fall-Kontroll-Studie“ in Auftrag zu geben, in der die Ursache der Leukämie-Erkrankungen in allen Fällen genau untersucht werden soll. Auch das Bundesumweltministerium werde sich an den Kosten beteiligen.

Zerstritten sind die ExpertInnen auch über eine abschließende Bewertung der Chromosomenstudie. „Bislang gibt es kein Argument, das die Strahlentheorie wirklich erschüttert hätte“, betont Otmar Wassermann. Ende 1995 wollen die Kommissionen einen gemeinsamen Abschlußbericht verfassen. „Der Bericht wird in der Lage sein, die geleistete Arbeit zu dokumentieren und zu bewerten“, kündigte die Kieler Umweltministerin Edda Müller an. Wie die zerstrittenen WissenschaftlerInnen zu einem gemeinsamen Fazit kommen wollen, dürfte spannend werden. mac