Kleine Ehrung für Doli Hilbert

■ Frauenpreis des Landes Berlin geht an 75jährige Künstlerin

Einen bescheidenen Preis hatte die Senatorin für Arbeit und Frauen am Montag abend zu vergeben, wie sie selbst entschuldigend bemerkte. Mit 5.000 Mark ist der alljährliche Berliner Frauenpreis dotiert und damit im Gegensatz zum Landesumweltpreis, der zehnfachen Summe, eher eine symbolische Ehrung.

Doli Hilbert, 75 Jahre alt, Künstlerin und Sozialarbeiterin, hat ihn für ihr inzwischen fast 30jähriges Engagement für Behinderte erhalten. Erst acht Tage vor dem Abgabeschluß hatte sie sich für eine Bewerbung entschieden. Gemeinsam mit Freundinnen sei ihr plötzlich klargeworden, daß sie schon eine ganze Menge gemacht habe für und mit behinderten Frauen. Angefangen hatte alles 1968 in einer Lankwitzer Kirchengemeinde, wo sie mit NachbarInnen und BewohnerInnen eines Behindertenwohnheims eine Töpferwerkstatt aufbaute. Von 1980 bis 1985 arbeitete sie in der Frauengalerie „andere Zeichen“. RuT, die „offene Initiative lesbischer Frauen", hat Doli Hilbert 1989 mitbegründet. RuT steht für Rad und Tat, Rad wie Rollstuhl – oder Rolli; das Projekt ist eine Begegnungsstätte für behinderte und nichtbehinderte Frauen. Heute arbeitet Doli Hilbert nicht mehr bei RuT, nach einem Sturz wurde ihr der Weg dorthin zu anstrengend.

1993 begann sie ein neues Projekt: eine Künstlerinnengruppe, in der acht behinderte Frauen zum Thema „Bruch“ arbeiten: Performances, Skulpturen, Texte entstanden. Schreiben, über all das, was sie bisher erlebt hat, das ist Doli Hilberts Plan für die nähere Zukunft. Die 5.000 Mark möchte sie in eine Markise investieren, unter der es sich im Sommer aushalten läßt. Doli Hilberts Lebenserinnerungen werden sicherlich ein anderes Bild zeichnen, als es die Senatorin in ihrer Rede zur Preisverleihung zu entwerfen versuchte, in der sie der „Mutter von drei Kindern“ für ihre „ehrenamtliche, selbstlose Arbeit“ dankte.

Wenig Worte wurden an diesem Abend darüber verloren, auf welche Weise Berlin in Zukunft eine „Stadt der behinderten Frauen“ werden kann. Nächstes Jahr hat der Frauenpreis ein anderes Thema – möglicherweise nutzen die Teilnehmerinnen, Preisträgerinnen und Veranstalterinnen den Wettbewerb dann für eine politische Auseinandersetzung mit der Situation von Frauen in Berlin. Doris Maaßen