Ankläger der Menschheit

■ Im „Kongreß der Pinguine“ träumt sich ein Erzähler durch die Antarktis

Sie watscheln. Nein, sie schreiten. Nein, sie watscheln. Wie denn nun? Es ist nicht leicht zu entscheiden, wie diese Prozession der Pinguine zu beschreiben wäre. Eine ganz merkwürdige Würde geht von ihr aus. Aber Würde bei Tieren, die so possierlich mit dem Kopf wackeln und den Stummelflügeln schlagen? Manchmal stehen sie auch wie verloren im Eis herum und recken dann ihre Hälse...

Ein Erzähler träumt sich durch die Antarktis. Deutlich ist in dem Film Der Kongreß der Pinguine von Hans-Ulrich Schlumpf der Wunsch spürbar, die Tiere zur Hauptfigur zu machen.

Aber so sehr träumt der Schweizer Filmemacher denn nun doch nicht. Denn natürlich hat selbst in diesen Kontinent der Mensch Einzug gehalten. Und ist der einmal da, kommt an ihm nichts mehr vorbei.

So erzählt der Film von der Schönheit des Eises, den darin lebenden Tieren – und der Hybris des Menschen, dessen Wissensdurst, Entdeckermut und ökonomische Sachzwänge keinen Fleck dieser Erde unberührt lassen können. Historische Aufnahmen zeigen, wie ein Wal zerlegt wird. Die Kamera phantasiert sich dann an die Stelle eines Wals, den eiserne Ketten eine Rampe hochziehen, bevor mit langen Messern Arbeiter seine Speckschicht abtrennen. Oder der Erzähler begibt sich an Bord des Forschungsschiffes Polarstern und sieht den Wissenschaftlern bei der Arbeit zu. Ein Kontinent wird ausgebeutet und ausgemessen, erforscht und erobert.

Man muß hier unterscheiden. Manchmal wirkt Der Kongreß der Pinguine allzu gefällig ökomäßig, etwa wenn die Pinguine als Ankläger der Menschheit angerufen werden. Aber in einigen Momenten hat der Film die Kraft zu zeigen, wie das wäre: ein Kontinent ganz ohne Menschen. So merkwürdig es klingt: Das ist keine ganz schlechte Vorstellung. Ob Pinguine watscheln oder schreiten, kümmert dann außerdem keinen mehr.

Dirk Knipphals

Abaton, täglich außer Sa. 18.15 + Mo. 14 Uhr