Auf Wiedersehen, Thalia

■ Hamburgs ältestes Kino schließt nach 82 Jahren seine Pforten

Wenn die Bühne brennt, gibt's kein Happy-End. Und auch nicht, wenn der letzte Vorhang fällt – wie am 30. Dezember an der Grindelallee 116. Dann nämlich schließt das Thalia-Kino mit dem Film Forrest Gump seine Pforten. Vorbei die Zeiten, in denen schon nach einer Viertelstunde der Hintern weh tat, weil die Stühle nicht zu den bequemsten gehörten; in denen man den Mittelgang hinunter schritt, um rechts oder links davon seinen Platz zu suchen. Nach 82 Jahren macht Hamburgs ältestes Kino (475 Plätze) dicht. Einfach so.

Ganz so simpel ist es dann doch nicht. Klar ist nur, daß den derzeitigen Betreibern, den Brüdern Helge und Holger Meininger (deren Verwandte schon das Thalia führten), die Hälfte des 640 Quadratmeter großen Grundstücks gehört, auf dem das Gebäude steht. Die andere Hälfte besitzt seit Januar 1994 eine Erbengemeinschaft, die das Grundstück verkaufen will, weil das renovierungsbedürftige Kino sich nicht mehr rentiere.

Eine künstlerisch bedauerliche, wenngleich ökonomisch verständliche Haltung: Der Grundstückswert wird auf bis zu zwei Millionen Mark geschätzt. Noch mehr ist drin, wenn abgerissen würde und dort ein Neubau hinkäme. Doch das ist Zukunftsmusik. „Dieses Jahr fallen keine Entscheidungen mehr“, will sich das für einen Verkauf zuständige Maklerbüro Gustafsen & Co nicht festlegen.

Definitiv vom Tisch ist die Idee, die Gerd Fölster vom Magazin-Kino hatte: Er wollte das Haus kaufen und zusammen mit dem 3001 betreiben. Der Grund war das liebe Geld, schließlich sind in dieser Lage Büros lukrativer als ein Kino, das von den Verleihern nicht einmal Filme zur Erstaufführung erhält. Auch der Spendenaufruf „Rettet das Thalia“ konnte an der mißlichen Lage nichts ändern. Initiator Jens Meyer vom 3001: „Wir würden das Kino gerne machen, aber es fehlt das Geld.“ Für Jutta Behrens, die seit zehn Jahren im Thalia als Kassiererin arbeitet, geht mit dem Ende nicht nur der Arbeitsplatz verloren, sie verbindet mit dem Ort auch schöne Erinnerungen: „Dort habe ich meinen ersten Kinofilm gesehen.“

Eine vage Hoffnung besteht dennoch: Möglicherweise wird das Bezirksamt Eimsbüttel dem neuen Besitzer nur dann einen Abriß genehmigen, wenn im Neubau ein Kino vorgesehen ist. Gibt es also doch ein Happy-End?

Clemens Gerlach