Karadžić beharrt auf Maximalforderungen

■ Bosnischer Serbenführer bestätigt die Ablehnung des Friedensplans der Kontaktgruppe / Schwere Angriffe auf Bihać / Flughafen von Sarajevo geöffnet

Genf (taz) – Unmittelbar nach Abreise des von ihm als „Vermittler“ eingeladenen ehemaligen US- Präsidenten Jimmy Carter hat der bosnische Serbenführer Radovan Karadžić seine Ablehnung des Teilungsplans der internationalen Bosnien-Kontaktgruppe ausdrücklich bestätigt. In einem Interview mit der New York Times bekräftigte Karadžić die gestern auch in der taz genannten Maximalforderungen der Pale-Serben: die Hälfte Sarajevos; ein „zusammenhängendes Gebiet“ mit „natürlichen und verteidigbaren Grenzen“ (dies zielt auf die Überlassung der drei ostbosnischen Muslim-Enklaven Zepa, Srebrenica und Goražde bis hin zur Drina, dem Grenzfluß zu Serbien); eine Landverbindung des künftigen bosnisch-serbischen Gebiets zur Adria; sowie eine Reihe von Städten und Wirtschaftsregionen, die im Plan der Kontaktgruppe der muslimisch-kroatischen Föderation zugeschlagen werden. Darüber hinaus fordern die Serben eine Verbreiterung des von ihnen besetzten Ost- West-Korridors im Save-Tal bei Brcko. Diese Forderungen summieren sich auf knapp 64 Prozent des bosnischen Territoriums. Außerdem wollen die bosnischen Serben laut Karadžić zwei Jahre nach der Unterzeichnung eines Friedensplans und nach einem Referendum unter den BewohnerInnen der serbischen Gebiete ihren eigenen Staat gründen.

In dem Interview präsentierte Karadžić seine Forderungen in Form einer angeblich mit Carter erzielten Verständigung („memorandum of understanding“). Nach Angaben von Diplomaten aus westlichen Staaten der Kontaktgruppe gegenüber der taz „gilt für die gesamte Kontaktgruppe weiterhin, daß die bosnsichen Serben den Plan der Kontaktgruppe unverändert akzeptieren müssen“. Vorher werde es „auch keine neuen Verhandlungen mit den Serben geben“.

Nur wenige Stunden nachdem Carter den ab Freitag mittag, 12 Uhr, vorgesehenen Waffenstillstand verkündet hatte, erlebte das nordwestbosnische Bihać einen der schwersten serbischen Artillerieangriffe seit Beginn der Belagerung. Die Angriffe richteten großflächige Verwüstungen in der Innenstadt an und forderten mindestens zehn Tote und über 100 Verletzte. Zu einer leichten Entspannung kam es inzwischen in der Versorgungssituation Sarajevos, nachdem – nach über vierwöchiger Unterbrechung wegen serbischer Abschußdrohungen – seit Dienstag wieder Flugzeuge mit humanitären Gütern auf dem Flughafen landen. Nach dreieinhalbjähriger Sperrung wurde gestern die Autobahn Zagreb–Belgrad wieder für den Verkehr geöffnet. Andreas Zumach