Josef Hattig als Betonkopf '94

■ BUND-Jugend „ehrt“ Handelskammerpräses für Verkehrspolitik

„Meine liebe Handelskammer, warum blockieren Sie eine ökologisch sinnvolle Verkehrspolitik?“ fragten gestern nachmittag etwa 20 AktivistInnen der BUNDjugend in die heiligen Hallen der Handelskammer. Mit Samba-Rhythmen versuchten sie die Person ins Foyer des Schütting zu holen, die nach ihrer Meinung für diese Politik die Verantwortung trägt: Kammerpräses Josef Hattig. Doch da der angeblich nicht in Bremen weilte, nahm stellvertretend Verwaltungsleiter Günther Lübbe den „Betonkopf '94“ in Empfang. Der Betonkopf thront nun auf dem Kaminsims in der Eingangshalle des Schütting.

Die BUND-Jugend Bremen verleiht den Preis alljährlich mit einer bunten Aktion an Personen oder Institutionen, die sich durch „unaufgeklärtes und rücksichtsloses Verhalten gegenüber der Natur“ auszeichnen. Im letzten Jahr war Frank Haller, Staatsrat aus dem Wirtschaftsressort, der glückliche Gewinner, in diesem Jahr also der Vorsitzende der Kaufleute.

„Die Bremer Handelskammer und ihr Präsident Hattig haben diesen Sommer mit dem kurzsichtigen Argument „Umsatzeinbußen“ die dringend notwendige Sommersmogverordnung blockiert.“ hieß es in der Laudatio. „Außerdem bekämpft sie das ökologische Schlüsselprojekt ,Linie Vier'. Dafür fordert sie einen vierspurigen Ausbau der „Erdbeerbrücke“ und der Georg-Bitter-Trasse, den sechsspurigen Ausbau der A27 und den Bau des Hemelinger Tunnels.“ Für diese Förderung der Autolobby habe Josef Hattig stellvertretend für die Handelskammer diese Auszeichnung verdient, lautet das abschließende Urteil der jungen UmweltschützerInnen.

Lübbe sah das natürlich nicht so: „Ich wehre mich vehement gegen die Angriffe auf meinen Chef“, teilte er den DemonstrantInnen mit. Den Betonkopf wollte er nicht annehmen: „Verlassen Sie bitte sofort das Haus.“ Doch dann fiel einem aus der BUND-Jugend das schlagende Argument ein: „Der Preisträger des letzten Jahres, Staatsrat Haller, hat den Betonkopf heute noch auf seinem Schreibtisch stehen.“ Das schien Lübbe zu beeindrucken – der Betonkopf durfte doch noch im Foyer plaziert werden. „Diese dynamischen jungen Leute sollen schließlich auch zu ihrem Recht kommen“, erläutert der Verwaltungsleiter der anwesenden Presse seine plötzliche Nachgiebigkeit.

Eine Stunde später hatte sich die Handelskammer dann bereits Humor verordnet. In der nachgereichten Presseerklärung heißt es: „Vor allen Dingen sind wir stolz darauf, diese Trophäe dem Titelverteidiger Prof. Haller abgejagt zu haben. Wir werden uns alle Mühe geben, die Auszeichnung auch im nächsten Jahr zu erhalten.“ dam