: "Hundehütte" für Elefanten
■ BUND kritisiert die Tierhaltung bei den Zirkussen "Berolina" und "Aramannt" / Lob für "Menschen, Tiere, Sensationen" / Verbot für Exoten gefordert
Wegen nicht artgerechter Tierhaltung hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Anzeige gegen zwei derzeit in Berlin gastierende Zirkusse erstattet. Die traditionsreiche weihnachtliche Zirkusschau „Menschen, Tiere, Sensationen“ in der Deutschlandhalle dagegen bekommt von den Tierschützern dickes Lob. „Dort haben nur Dressuren mit guter Tierhaltung eine Chance“, hat sich Christiane Bernhardt vom Berliner Arbeitskreis Natur- und Artenschutz im BUND überzeugt.
Was sie dagegen im „Berolina“ in Mitte und im „Aramannt“ in Charlottenburg sah, erinnerte die engagierte Tierschützerin an „Zustände aus dem vergangenen Jahrhundert“. In beiden Zirkussen verstoßen die Haltungsbedingungen für Elefanten, Raubkatzen und Bären „eindeutig gegen das Tierschutzgesetz“, ist sich Frau Bernhardt sicher. So werde im „Berolina“ eine indische Elefantenkuh isoliert in einem dunklen Transportwagen auf ganzen zehn Quadratmetern gehalten. Nach der sogenannten Zirkus-Leitlinie, die ohnehin nur Minimalanforderungen stelle, dürften die Dickhäuter ausschließlich zum Transport im Wagen gehalten werden und sollten täglich mindestens eine Stunde freie Bewegung haben.
Auch die Unterbringung des Tigers, der Bären und der Löwen grenzt aus Sicht der Tierschützer an Tierquälerei. Sie leben viel zu beengt und haben weder Bade- noch Klettermöglichkeiten. Einige durften nicht einmal zur Vorstellung in die Manege, sondern bringen offenbar nur Geld in der Tierschau, vermutet Frau Bernhardt.
Beim „Aramannt“ hat sie ebenfalls die Haltung der Braunbären und der Elefanten im Visier. Zehn Petze sind dort in zwei Transportwagen auf rund 50 Quadratmetern zusammengepfercht. Außerdem waren nur vier von ihnen bei der Vorstellung zu sehen. „Die Bären leiden ganz offensichtlich unter Langeweile und zeigen anormales Verhalten“, berichtet Frau Bernhardt. Auch die zwei Elefanten Tanja und Temba hätten so gut wie keine Möglichkeiten zur Bewegung.
Die zuständigen Veterinärämter hingegen sehen keinen dringenden Handlungsbedarf. Ein Wanderzirkus könne nun einmal nicht die Bedingungen schaffen wie ein Zoo, argumentiert Amtstierarzt Wolfgang Plaschke aus Mitte. Im übrigen leide die 26jährige Elefantendame im „Berolina“ an Gelenkentzündung und müsse aus therapeutischen Gründen die meiste Zeit im Wagen verbringen. Einzelhaltung bekomme den geselligen Dickhäutern nicht gut, räumt er ein, und daß von einem Zirkus Tiere nur für die Tierschau mitgeführt werden, hält auch er nicht gerade für „wünschenswert“.
Der Charlottenburger Veterinär Wolf-Peter Viertel hatte bei seinem Ortstermin im „Aramannt“ sogar „einen ausgesprochen positiven Gesamteindruck“ von der Tierhaltung. Die Zugwagen, in denen die Elefanten untergebracht sind, seien TÜV-geprüft und beheizt, betont er. Es mangele lediglich an Licht. Auch die Kritik an der Bärenhaltung hält Viertel für überzogen. Die Unterbringung bewege sich im Rahmen des Zulässigen. Außerdem sei der Zirkus im Augenblick in einer Notsituation, denn ein Bären-Wagen befinde sich gerade zur Reparatur – hat ihm der Inhaber versichert.
Für einen Zirkus ist eine artgerechte Haltung von Exoten so gut wie nicht machbar, schätzt auch Christiane Bernhardt ein. Deshalb, so meint sie, sollten zumindest Wildtiere per Gesetz aus dem Zirkus verbannt werden. Beispiele dafür gebe es bereits in Skandinavien, wo Exoten im Zirkus verboten seien. Auch Italien habe die Subventionen für Zirkusunternehmen mit Wildtieren gestrichen. Iris Hansch (ADN)
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