Kluge Sparer?

■ betr.: „Sparauflagen werden nicht erwirtschaftet“ (Interview mit Wissenschaftssenator Erhardt), taz vom 10.12.94, „FU-Asta setzt den Rotstift an“, taz vom 16.12.94

Wie Ihr inzwischen festgestellt habt, ist unser aller Wissenschaftssenator gar nicht so ein Schlechter, schließlich findet er es schlauer, einen Studienplatz zu vernichten, der viel kostet und nicht ausgelastet ist, als einen, der wenig kostet und doppelt besetzt ist. Eine wahrhaft tiefe Einsicht für einen konservativen Hochschulpolitiker!

Schade nur, daß diese unter finanzpolitischen Gesichtspunkten so plausible Absicht keinen finanzpolitischen Hintergrund hat, sondern einen hochschulpolitischen. Die natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengänge werden nämlich nicht als „Doppel- und Dreifachangebote“ gestrichen, sondern in den „Technologiepark“ Adlershof verlegt. Darüber hinaus hat Erhardt genug Geld, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen gleich dutzendweise zu finanzieren.

Wer neben den populistischen Sparargumenten den Wissenschaftshaushalt einmal wirklich ansieht, weiß, daß nur die Hälfte davon zur Finanzierung der Hochschulen aufgewendet wird, daß der Wissenschaftsetat insgesamt nicht gekürzt worden ist und daß die Kürzungen bei den Universitäten Erhardt den Spielraum geben, Berufsakademien und Adlershof zu finanzieren. Wer der Sparideologie aufsitzt, kann die inhaltliche Auseinandersetzung nicht führen und freut sich über den klugen Sparer.

Besonders pikant ist, daß Ihr am 16.12., dem Tag der Haushaltsverabschiedung im Kuratorium der FU, meint, dem AStA der FU vorhalten zu müssen, er betreibe mit den gleichen Mitteln Politik wie der Berliner Senat. Ob es Euer personalisiertes, bipolares Politikverständnis ist, das erklärt, warum Ihr auf die Kritiker des ach so klugen Senators einschlagt? [...] Jochen Geppert, Berlin