Mauri in the City

■ Der verfemte Frankfurter Einträchtler Maurizio Gaudino gab ein erfolgreiches Debüt bei Manchester City

Berlin (taz/dpa) – Persönlich wird Maurizio Gaudino so bald wohl nicht mehr in der „Late Night Show“ von Thomas Gottschalk auftauchen. Das hat zum einen den Vorteil, daß es ihm erspart bleibt, sich Rollschuhe an die sensiblen Füße zu schnallen und mit Katarina Witt herumzuhampeln, zum anderen kann er nicht so leicht verhaftet werden. Andererseits mag Gottschalk keinesfalls auf jenen Mann verzichten, der seine marode Show derart prächtig ins Rampenlicht gerückt hatte, daß man sich fragen muß, ob die Mannheimer Staatsanwaltschaft tatsächlich ganz von selbst auf die Idee mit der Spritztour nach München gekommen ist. Und so durfte Gaudino per Live-Schaltung aus dem fernen Newcastle berichten, daß sein Debüt im Trikot von Manchester City recht zufriedenstellend verlaufen sei.

Aufgrund der Personalnöte des Klubs spielte Gaudino von Anfang an, wurde aber, da ihn die Belastungen der letzten Wochen (Polizeiverfolgung, Geburt der Tochter, Rollschuh- und Waldläufe) doch ziemlich geschwächt hatten, nach einer Stunde ausgewechselt. Bis dahin hatte er im Achtelfinalmatch des Ligapokals beim heimstarken Keegan-Team Newcastle United ordentlich gespielt, einige gute Pässe gegeben und das 1:0 seines Klubkameraden Uwe Rösler bejubelt. Am Ende hieß es nach einem Tor von Walsh (81.) 2:0 für Manchester, ein gelungener Auftakt für ein ausgefülltes Weihnachtsprogramm.

Zunächst darf der von Eintracht Frankfurt an Manchester City ausgeliehene Gaudino nach Hause fahren und den Heiligabend bei seiner Familie verbringen, am 26. Dezember muß er jedoch, sofern er sich noch auf freiem Fuß befindet, pünktlich zu seiner Heimpremiere an der Maine Road gegen die Blackburn Rovers auf dem Rasen stehen. Am 28. geht es dann zum FC Liverpool, Silvester folgt ein Heimspiel gegen Aston Villa, und am 2. Januar muß City schon wieder zum Tabellendritten nach Newcastle, wo es diesmal um Meisterschaftspunkte geht.

Manchesters Manager Brian Horton ist zuversichtlich, daß seine Neuwerwerbung dieses Programm vollständig absolvieren kann: „Unsere Rechtsanwälte behaupten, es bestehe kein Risiko, daß er inhaftiert wird.“ Ansonsten ist Horton „hocherfreut darüber, daß wir einen solch erstklassigen Mittelfeldspieler verpflichtet haben“.

Nicht überall wurde Gaudinos Ankunft in England so euphorisch betrachtet wie bei seinem neuen Arbeitgeber. Die Premier League hat ein veritables Imageproblem. Bestechungsvorwürfe gegen Liverpools Ex-Keeper Bruce Grobbelaar, die Kokainaffäre um Arsenals Paul Merson, Unregelmäßigkeiten bei Auslandstransfers und der allzeit schwelende Rassismus, der jüngst durch Ausfälle von Nottinghams Stuart Pearce gegen Manchester Uniteds Spielmacher Paul Ince wieder hochkochte, nagen am guten Ruf der Liga. Exekutivchef Rick Parry kündigte sogar an, daß man die FIFA und die UEFA um die Entsendung internationaler Beobachter bitten wolle, um Manipulationen zu verhindern. Außerdem sollten harte Regeln für das Transfergeschäft zwischen den Klubs verschiedener Länder erstellt werden.

Der Fall Gaudino war damit sicher nicht gemeint, dennoch empfanden es einige der selbsternannten Moralapostel in Britanniens ansonsten wenig zimperlicher Presse nicht gerade glücklich, in dieser Situation einen Spieler zu verpflichten, der von seinem Verein vor die Tür gesetzt wurde, der Autoschieberei verdächtig ist und ungefähr so aussieht, wie sich ein durchschnittlicher englischer Fußballfan einen neapolitanischen Tunichtgut vorstellt. Maurizio Gaudino kann das egal sein. Noch ein paar solche Spiele wie in Newcastle, und Manchesters Maine Road wird ihm zu Füßen liegen wie die lokale Konkurrenz von Old Trafford dem Franzosen Eric Cantona, der beim Meister Manchester United der Sonderbeauftragte für Skandale aller Art ist. Matti Lieske