: Energierig verheizte Heimat
Nach der Zustimmung des NRW-Braunkohleausschusses steht dem Tagebau Garzweiler II jetzt fast nichts mehr im Weg ■ Aus Grenzland Bernd Müllender
Hübsches Weihnachtsgeschenk für den Energieriesen RWE: Der Braunkohleausschuß des Düsseldorfer Landtages hat mit einer satten SPD/CDU-Mehrheit von 27 zu vier Stimmen die Weichen für den Tagebau Garzweiler II bei Mönchengladbach gestellt. Jetzt muß nur noch die nordrhein-westfälischen Regierung zustimmen. Dies will sie noch vor der Landtagswahl im Mai tun, bei der die absolute Mehrheit der NRW-Sozis kippen könnte.
1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle auf fast 50 Quadratkilometern kann die RWE-Tochter Rheinbraun dann ab dem Jahr 2006 ausbuddeln. Tagebau bedeutet, daß – anders als bei der tieferliegenden Steinkohle – von oben gebaggert wird, in Garzweiler bis zu 210 Meter tief. Was dabei im Weg steht, Häuser, Wälder und Äcker, wird restlos weggegraben. 13 alte Dörfer müssen weichen. 8.000 Menschen verlieren für den ökologisch zweifelhaften Brennstoff ihre Heimat und werden zwangsumgesiedelt – die ersten 2.500 schon in den nächsten Jahren. Der jetzt genehmigte Plan hat eine Laufzeit von 50 Jahren.
Die Ausbeutung der heimischen Braunkohle ist eine lukrative Methode der Energiegewinnung. Sie kommt anders als die deutsche Steinkohle ohne Subventionen aus. Schon seit den 50er Jahren zerpflügt Rheinbraun das Dreieck Aachen-Köln-Düsseldorf. Auf den aufgegebenen Tagebaulöchern ist eine völlig neue Retortenlandschaft mit künstlichen Seen, begrünten Abraumbergen und Löchern bis zum Horizont entstanden. Fast die Hälfte der Garzweiler-II-Fläche soll später von einem See bedeckt werden.
Nur ökologisch ist die Braunkohlegewinnung und -verfeuerung überhaupt nicht – sagen die KritikerInnen und bekämpfen die Projekte seit Jahrzehnten ebenso vehement wie erfolglos. 19.000 Einwendungen von BürgerInnen gegen Garzweiler II fielen ebenso unter den Tisch wie alle Warnungen von Naturschutzverbänden, lokalen Bürgerinitiativen und den Grünen vor unkalkulierbaren Umweltrisiken und zerstörten Grundwasserspeichern, insbesondere der Trockenlegung des Feuchtgebietes Naturpark Schwalm-Nette.
„Gigantisch wie ein Dinosaurier und überholt“ nannte bei der jüngsten Anhörung ein Gegner das Projekt. Befürworter, insbesondere die RWE-hörige SPD-Regierung, drohen dagegen mit dem Beelzebub: Die Alternative zur Braunkohle sei halt – mehr Kernenergie. Umweltschützern bleibt jetzt nur noch die Hoffnung auf die Gerichte.
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