■ Straßmanns kleine Warenkunde: Die Socke
Ist es schon soweit? Es ist soweit. Eine Tabakfirma kann in der Werbung groß rauskommen mit einem hübschen Paket Socken, dazu fragen: „Lucky Strike – oder hätten Sie lieber ein paar Socken?“ – und davon ausgehen, daß sich die Frage von selbst beantwortet.
Was ist los mit unserer Sockenbeziehung? Mit der Welt? Mit mir? Erstmal eine rauchen.
Eins der vielen namenlosen Probleme in unserer Welt hat nämlich damit zu tun, daß selbst der professionellste Lucky-Strike-Kritiker von einer plötzlichen Geniekrise erwischt werden kann. Dieser folgt auf dem Fuße eine Schreibhemmung, die von der Berufsgenossenschaft nicht anerkannt wird. Ich habe folgende Entdeckung gemacht: Wenn man dann eine raucht, ist die Krise weg.
Wie das? Es ist ganz einfach: Zuviel Sauerstoff im Gehirn bedroht den Genius, die Freiheit der Gedanken, die pense sauvage. Stoffelschreibe ist die Folge, Ekelwörter wie „benamsen“ oder „möchte ich nicht missen“ tauchen chimärengleich auf oder die Wendung: „Ich erinnere meinen ersten Weihnachtsbaum“. Kotzwürg.
Lieber schnell eine Lulle an! Glauben Sie etwa, daß die Bauern mit den roten Gesichtern, die immerfort an der frischen Luft sind, heimlich Kolumnen schreiben?!
Gestern fuhr ich mit der 30. Was lese ich am Wartehäuschen? „Schenkt euch keine Socken. Schenkt euch D1!“ Gruß: eure Telekom. Ja zapperlot, jeder dahergelaufene Dreckskonzern darf heutzutage an der Socke sein Mütchen kühlen. Soweit sind wir! Komme mir keiner mit Gysi. Ich rede von einem endemischen Fußtabu!
Hier folgt ein gewaltiger Lanzenbruch (wir vernehmen berstende, splitternde, krachende Lanzenbruchgeräusche) zugunsten der Socke: Die Socke ist sinnvoll und ubiquitär, einsehbar, bezahlbar, waschbar und stopfbar. Hoch die Socke! Sie wärmt Raucherfüße. Schenkt Euch Socken! Scheißt auf D1!
Burkhard Straßmann
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