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Die Spirale der Gewalt dreht sich noch weiter

■ Bei erneutem Hamas-Attentat in Westjerusalem wurden zwölf Personen verletzt

Tel Aviv (taz) – Bei einer Sprengstoffexplosion an einer Westjerusalemer Bushaltestelle wurden am vergangenen Sonntag 12 Personen zumeist leicht verletzt. Um sein Leben kam der 21jährige Attentäter Eyman Radi – ein palästinensischer Verkehrspolizist aus Khan Yunis im Gaza- Streifen. Die Polizei nimmt an, daß Radi eigentlich beabsichtigte einen Privatautobus, der 35 Soldaten transportierte, in die Luft zu sprengen. Aus noch nicht ganz geklärten Gründen erfolgte die Detonation vorzeitig und hinter dem Autobus, so daß die Bombe relativ wenig Schaden anrichten konnte.

Daß der Anschlag eigentlich einen Bus und seine militärischen Passagiere vernichten sollte, wurde später noch durch ein Flugblatt der Hamas Kampfgruppe Ezz ad-Din al-Kassam bestätigt. Das Bekennerschreiben erklärt, daß der Anschlag dem Andenken der Opfer des – nach Aussage der libanesischen Behörden – am 21. Dezember in Beirut von Israels Geheimagenten durchgeführten Anschlags gegen die Schiitenmiliz Hizbollah gewidmet war, bei dem 4 Menschen getötet wurden. Das Flugblatt betont, daß der militante Flügel der Hamas das Recht hat, mit allen Mitteln gegen Israels Versuche vorzugehen, Jerusalem in eine jüdische Stadt zu verwandeln und die israelischen Siedlungen zu erweitern.

Nach Aussage der Familie des Attentäters sympathisierte der Absolvent der islamischen Universität Gaza und seit sechs Monaten Polizist Eyman Radi bereits jahrelang mit der Hamas. Den Beschluß „etwas zu unternehmen“, habe er jedoch erst gefaßt, nachdem die palästinensische Polizei in Gaza am 18. November nach dem Freitagsgebet vor einer Moschee das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten eröffnet und dabei 14 Zivilisten erschossen hatte. Kurz darauf verschwand Radi und wurde durch die Polizei steckbrieflich gesucht.

Israelische Sicherheitsoffiziere sind der Meinung, daß sich unter den Tausenden von Polizisten der palästinensischen Selbstverwaltungsbehörde auch eine große Zahl von zum Teil aktiven Hamas- Leuten befindet.

PLO-Chef Jassir Arafat verurteilte den Anschlag scharf und fand ihn „besonders verbrecherisch, weil er am Tag durchgeführt wurde, der den Christen am heiligsten ist, und in der Stadt, die ihnen am heiligsten ist.“

Israelische Sicherheitsbehörden halten es für wahrscheinlich, daß sich in Zukunft die Anschläge in Jerusalem häufen werden. Dem Jerusalemer Bürgermeister Ehud Olmert wurde vorgeschlagen, Ostjerusalem vom Rest der Stadt abzuriegeln. Darauf antwortete Olmert: „So etwas wie Ostjerusalem gibt es nicht. Jerusalem ist eine geeinte Stadt.“ Amos Wollin

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