■ Mit dem Öko-Audit auf du und du
: Private Behörde

Berlin (taz) – Am ersten April 1995 soll auch in Deutschland in die Tat umgesetzt werden, was auf dem Papier schon seit 18 Monaten in kraft ist: die Verordnung für ein Öko-Audit der EU. Der Name stammt aus Amerika, in deutscher Sprache füllt allein der Titel drei Buch- Zeilen: „Verordnung über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung“.

Was dahintersteckt, ist eine Geheimwissenschaft von Organisations- und Marketingmanagern. Der Sinn der Sache läßt sich jedoch relativ vollständig in den Satz zusammenfassen: „Tue Gutes für die Umwelt und rede darüber.“

Die Selbstverpflichtung zu ökologischen Standards vom Einkauf über die Produktionsverfahren bis zum Endprodukt im seinem Verfallszustand als Abfall ist ein Argument für den freien Markt und gegen gesetzliche Vorschriften. Was fehlt, ist nur der öffentliche Glaube an die guten Sitten von Großkonzernen. Sie haben die EU-Verordnung deshalb begrüßt. Der Nachweis, ihr zu entsprechen, könnte bald ein unverzichtbares Qualitätsmerkmal werden.

Heftig umstritten war bislang jedoch die Frage, wer die Kontrolleure kontrollieren darf. Die Front verlief zwischen gebrannten Kindern auf der einen und Unternehmen mit geringen Umweltrisiken auf der anderen Seite. Nur scheinbar paradox, daß in Deutschland ausgerechnet die chemische Industrie auf staatlich zugelassenen Auditoren bestand, während die Mehrheit im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) meinte, die Kontrolleure sollten marktkonform von den Unternehmen selbst gestellt werden.

Glücklich, wem noch jemand soviel glaubt. Die chemische Industrie ist nicht in dieser Lage, Hausinspekteure der Hoechst AG würden in der Öffentlichkeit nur Heiterkeitserfolge erzielen. Nach vielen Wochen kontroverser Verhandlungen fand der BDI kurz vor Weihnachten den rettenden Kompromiß: Deutsche Öko-Auditoren werden in Zukunft von der „Trägergemeinschaft für Akkreditierung“ (TGI) zugelassen. Die Kosten der Privatbehörde werden aus den Kassen des BDI gedeckt. Niklaus Hablützel