■ Matthias Wissmanns Projekt einer Kfz-Steuerreform
: So betrachtet...

Greenpeace darf zufrieden sein: Indirekt hat Verkehrsminister Matthias Wissmann die Forderung des Umweltvereins auf seine Fahnen geschrieben. Ein „Zukunftspakt“ mit der Automobilindustrie stehe auf seiner Wunschliste für 1995 ganz oben an, verriet er. Zwar will der ewig junge Mann in Kohls Kabinett nicht unmittelbar das Drei-Liter-Auto einführen. Aber mit einer Kfz-Steuerreform plant er, ab 1996 einen Anreiz zum Kauf schadstoffarmer Autos zu schaffen und den Altwagenbestand aufzulösen. Eine höhere Belastung der Autofahrer insgesamt aber komme, so Wissmann, nicht in Frage. Insgesamt werde die individuelle Mobilität nicht teurer.

Zahlen für eine solche Reform müßten die Leute, die sich nur eine Schrottmähre leisten können. Das ist zwar sozial bedauerlich, aber nicht ungerechter als vieles andere im Kapitalismus auch. Und es ist ökologisch sinnvoll. Die FahrerInnen großer Schlitten würden ebenfalls stärker belastet, was weder bedauerlich noch ungerecht ist. Auf der Seite der Gewinner wird auf jeden Fall die Autoindustrie stehen, der riesige Umsätze aus der Gesamterneuerung der deutschen Flotte winken. Gelingt es Wissmann zudem, das Projekt zu „europäisieren“, ist der Reibach noch größer – zumal die Deutschen dann die Nase vorne hätten.

Und die Umwelt? Wenn man davon ausgeht, daß gegen den ständig wachsenden Autoverkehr sowieso nichts zu machen ist, dann ist es gewiß besser, wenn die einzelne Blechkiste weniger stinkt als heute. So betrachtet, ist Wissmanns Vorschlag ein Schritt in die richtige Richtung. Aber genau wie die neu eingeführte Lkw-Autobahnvignette ist auch die Kfz-Steuer eine entfernungsunabhängige Abgabe. Viel- und Wenigfahrer werden gleich stark belastet. Es gibt keinen Anreiz für AutobesitzerInnen, den Bus oder die eigenen Beine zu benutzen und somit weniger Dreck zu verursachen.

Viel einfacher und effektiver als mit Wissmanns angekündigter Reform könnte der Umwelt mit einer massiven Erhöhung der Mineralölsteuer geholfen werden. Weil jeder einzelne gefahrene Kilometer sich sofort im Portemonnaie bemerkbar macht, würden Bahn, Bus und Fahrrad unmittelbar attraktiver und die Luft schnell besser. Auch in diesem Fall würden abgasintensive Alt- und Großautos besonders stark belastet, so daß der Innovationsdruck für die Automobilindustrie bestehen bliebe – und ihre Profitchance auch. Allerdings würde sie wegen der Dauerbelastung der AutofahrerInnen letztendlich vielleicht weniger Kisten los. Annette Jensen