Keiner will die Hafenstraße

■ Senatschef Voscherau läßt mögliche Käufer suchen, doch die winken ab / Vertrag mit Abrißunternehmen wird nicht verlängert Von Uli Exner

Henning Voscherau ließ Hamburgs JournalistInnen mal wieder zappeln: Zur Hafenstraße, so beantwortete der Bürgermeister beim traditionellen Jahresendzeit-Gespräch die ebenso traditionelle Frage nach der Zukunft der umstrittenen Häuser, zur Hafenstraße sei doch alles gesagt – jedenfalls bis zu der für den Februar geplanten Grundsatzentscheidung der Bürgerschaft.

Nicht ganz. Denn diese Entscheidung – Verkauf und Sanierung der Häuser oder Räumung – wird zum einen nicht unwesentlich davon abhängen, für welche Lösung der Senatschef in der SPD-Fraktion wirbt. Zum anderen davon, welche Privatisierungslösung Voscheraus Sachwalter Thomas Mirow dem Parlament und damit auch den Bewohnern der Hafenstraße vorlegt.

Mirow bastelt derzeit hinter den Rathaus-Kulissen an einem Verkaufs-Vorschlag. Ein zähes Geschäft, bei dem der Stadtentwicklungssenator nacheinander zwei Fragenkomplexe beantworten muß:

1. Findet sich ein sanierungserfahrenes Unternehmen, das die Grundstücke der Hafenstraßenhäuser zum Preis von vier Millionen Mark kauft und das gleichzeitig gewillt ist, bei der Sanierung der Häuser mit den Bewohnern zu kooperieren?

2. Gelingt es im zweiten Schritt, diesen Vorschlag auch den Bewohnern der Hafenstraße schmackhaft zu machen? Werden Bewohner, Hafenstraßen-Genossenschaft und Stadtteilkonferenz an den anstehenden Sanierungsarbeiten beteiligt? Werden in dem zu schließenden Vertrag auch im Detail Zusagen gemacht, die beispielsweise die Forderungen nach Gemeinschaftseinrichtungen für den Stadtteil (Volxküche, Badehaus) erfüllen?

Schon der erste Schritt fällt ausgesprochen schwer. An Absagen möglicher Käufer mangelt es nicht: So hat Ex-FDP-Landeschef und Bau-Mogul Robert Vogel ebenso abgewunken wie die von Vogel vorgeschlagene Siedlungsbaugesellschaft Hermann und Paul Frank KG. Kein Interesse auch bei der Baugenossenschaft Kolping, deren Geschäftsführer Geert Becker Mitglied in der um Vermittlung zwischen Hafenstraße und Senat bemühten „Dialogkommission“ ist.

Auf deren Vorschlag wiederum – die Häuser wahlweise an einen freien Träger, die Baugenossenschaft Hafenstraße oder „zu einem politischen Preis“ einer anderen Baugenossenschaft zu übertragen – will sich Mirow nach wie vor nicht einlassen. Seine laut Voscherau auf „passiver Härte“ basierende Verhandlungsstrategie: Ein Käufer muß her, der a) solvent, b) sanierungserfahren c) verläßlich ist und d) einen Namen hat, der in der Bürgerschaft für eine sichere Privatisierungsmehrheit sorgt.

Zumindest ein Ergebnis kann Mirow – nach zartem Druck der Statt Partei – allerdings vorweisen: Er wies die stadteigene Hafenrand GmbH in der vergangenen Woche an, den umstrittenen Vertrag mit jenem Abbruchunternehmen „abzuwickeln“, das seit Jahren für viel Geld die Abrißbirne für die Häuser am Hafenrand bereitgehalten hat. Übersetzt: der zum Jahresende auslaufende Vertrag soll nicht verlängert werden. Also doch Entwarnung für die Hafenstraße?

Nein. Denn bei der „Abwicklung“ des Vertrags soll festgeschrieben werden, daß das Abbruchunternehmen entweder nach einer entsprechenden Entscheidung der Bürgerschaft den Abrißauftrag doch noch erhält. Entscheidet sich das Parlament dagegen für den Bestand der Häuser, sollen dem Unternehmen andere öffentliche Aufträge im Gegenwert des Hafenstraßen-Abrisses übertragen werden.

Ob's soweit kommt? Senatschef Voscherau lehnt sich gelassen zurück. Nein, sagt der Bürgermeister, er wisse noch nicht, ob er dem Parlament eine Empfehlung geben werde.