Und wer hängt die Lampe um?

■ Wenn der Ruhestand zu ruhig wird – Bremer RentnerInnen rotten sich zusammen

In Berlin gibt's so was schon lange: einen Verein von RentnerInnen, die ihre beruflichen und sozialen Erfahrungen anderen weitergeben. In Bremen hat sich nun ebenfalls solch ein Verein gegründet, unter Anleitung des Amtes für Soziale Dienste: „Contra Rost“ heißt er. Ab Januar nimmt man Aufträge entgegen. Genaueres erfuhren wir von Erika Erasmy (68), Schriftführerin bei „Contra Rost“.

Wer darf Ihre Dienste in Anspruch nehmen?

Erika Erasmy: Soziale Einrichtungen, alte Leute, Kranke, sozial Schwache. Hier hat zum Beispiel eine junge Frau angerufen, die von Sozialhilfe lebt, deren Kind fiel dauernd aus dem Bett. Die brauchte ein paar Latten davor.

Was kostet das, wenn Sie Latten vor's Gitterbett nageln?

Das geht nach dem Geldbeutel. Wir prüfen, ob die Leute überhaupt dafür was zahlen können.

Auf jeden Fall ist diese Dienstleistung billiger, als wenn ein Handwerker käme?

Ja natürlich, deshalb machen wir das ja. Stellen Sie sich mal vor, ein Handwerker verlangt die Stunde 40, 50 Mark, das kann doch keiner zahlen!

Deswegen sind Sie ja auch in Clinch mit der Handwerkskammer geraten. Befürchtet die Konkurrenz?

Nein, das ist jetzt alles geklärt, wir haben ja nun die Gemeinnützigkeit in unser Statut geschrieben.

Sie machen also kleinere Reparaturen – wie tropfende Wasserhähne abzudichten oder Bodenleisten wieder anzunageln ...

Ja, oder mal eine Lampe umzuhängen. Wir wollen aber auch andere Dinge tun. Ich komm' ja aus der DDR, da bin ich Kreisinstrukteur gewesen, und wir haben Hausfrauenbrigaden aufgebaut, weil drüben die Renten ja sehr niedrig waren. Da haben wir zum Beispiel zu Behinderten eine Hilfe zum Einkaufen geschickt oder einen Menschen im Rollstuhl spazieren gefahren.

„Contra Rost“ ist also nicht nur was für Männer, die ja meist vor allem handwerkliche Erfahrungen haben?

Nein, nein, wir würden uns sehr freuen, wenn mehr Frauen kämen. Es gibt doch viele Leute, die zum Beispiel gehbehindert sind, und überhaupt im Winter!

Wieviele MithelferInnen haben Sie denn schon?

Beim letzten Mal waren wir 20, 25 Mann, davon sechs Frauen. Die Büroarbeit und Buchhaltung muß ja auch gemacht werden, Aufträge müssen geschrieben werden für unsere Handwerker. Wir brauchen auch Menschen, die überprüfen, daß sich nicht Leute melden, die wirklich viel Rente haben und trotzdem noch solch eine Unterstützung haben wollen.

Seit wann sind Sie selbst in Rente?

Ich bin jetzt 68 und bin mit 60 in Rente gegangen.

Und das war Ihnen zu langweilig?

Naja, mein Mann ist vor zwei Jahren verstorben, und dann ... na, wie soll ich sagen ... die Decke fällt einem eben auf den Kopf.

Nun hätten Sie sich auch zum Beispiel in der Kirche engagieren können.

Wissen Sie, ich bin kein Mensch, der sich aufdrängelt, und wenn Sie dann wo hinkommen, wo es heißt „Nein, hier ist besetzt“ ...

Das ist Ihnen passiert?

Ja, ich bin in einer Altenbegegnungsstätte gewesen, da gibt's doch so Tanzgruppen und Singkreise. Aber da hab' ich leider keinen Anklang gefunden. Da sind lauter Leute, die schon länger dabei sind und gefestigt. Da ist es schwer, als Neuer reinzukommen.

Fragen: cis

Der Verein „Contra Rost“ ist unter Tel. 383005 zu erreichen.