„Bitte mal einen neuen Weg“

Ob nun bei Daniel Cohn-Bendit oder Erich Rathfelder und anderen, immer häufiger lese ich, daß es in Bosnien um die Verteidigung der multikulturellen Gesellschaft gehe und gerade deshalb die Deutschen wegen ihrer faschistischen Vergangenheit sich militärisch im Rahmen der Nato engagieren müssen, die multikulturelle Gesellschaft zu schützen.

Um gleich dagegen zu halten: Es geht um das Leben und Wohl der Menschen und nicht um die Verteidigung irgendwelcher Wunschbilder in den (linken) Köpfen.

Ob bei einem Obsiegen der Muslime dies zu einer multikulturellen Gesellschaft führt, muß doch zumindest offen bleiben. Nur zu verwunderlich aber, wie solch ideologische Denkweise auf einmal zur Rechtfertigung der einst so verhaßten Nato und zum Krieg als letztem Mittel der Politik führt.

Dabei zeigt doch gerade die Geschichte auf dem Balkan, daß eine multikulturelle Gesellschaft nicht Bestand haben kann, wenn sie aus den Gewehrläufen kommt, sondern nur, wenn sie aus dem freiwilligen Miteinander der Betroffenen entsteht.

[...] Die Entscheidung der Kohl- Regierung (und nun wohl auch der SPD) hier die berechtigten Bedenken hinter der Bündnistreue zurückzustecken ist fatal! Für den, der sie kennt, sollte der Einsatz der Nato ein Tabu sein.

Die Nato ist kein Bündnis zur Verteidigung von Menschenrechten und multikultureller Gesellschaft. Ich möchte nur an den Partner Türkei erinnern. Ziel dieses Bündnisses ist vielmehr die Verteidigung der Wirtschafts- und Machtinteressen ihrer Mitglieder. Ein Eingreifen der Nato in Bosnien verschafft ihr (und der Bundesregierung) nur das Alibi, sich in Zukunft überall, wo ihre Interessen berührt sind, als Weltpolizist aufzuspielen. Mit dem Eingreifen der Nato ist auch die erneute Konfrontation mit Rußland vorprogrammiert. Es liegt durchaus Zündstoff für den Weltfrieden in diesem Bosnienkrieg!

Wenn Europa gefordert ist, und das will ich schon meinen, sich für die Beendigung dieses Krieges zu engagieren, dann doch nicht durch Rückfall in die alte Militärpolitik, sondern bitte mal einen neuen Weg!

Soll die EU die Kriegsparteien und die anderen Staaten des ehemaligen Jugoslawien einladen, um mit ihnen die Eingliederung in die Europäische Union zu entwickeln. Dazu müßten konkrete Pläne für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung dieser Länder auf den Tisch. Den Serben, Bosniern, Kroaten und anderen muß deutlich gemacht werden, daß es in Europa eine bessere Perspektive gibt, als den Rückfall in den Nationalstaat und daß in einem freien Europa die Grenzen ihre Bedeutung verlieren. Nur so können auch die ethnischen Spannungen in dem buntgemischten Land überwunden werden und den machtgeilen Streithähnen an der Spitze der Boden entzogen werden.

Eine solche Initiative sollte von Deutschland ausgehen als richtige Folge aus den Fehlern der Vergangenheit und vielleicht die einzige Hoffnung auf eine multikulturelle Gesellschaft in Bosnien. Dieter Burgmann, Hohenstadt