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■ Stille Post mit Wiglaf DrosteVom Bundeswehrbeleidiger zum Panzerfahrer

Kürzlich hieß es in einem Bericht dieser Zeitung über eine Lesung des Benno-Ohnesorg-Theaters (taz vom 24.12.1994), Wiglaf Droste habe sich nicht getraut, seinen Gast Mathias Wedel anzugreifen, „vielleicht aus Angst, die Rede könnte dann auf seine kürzlich enthüllten Wehrmachts- Kneipenwitze kommen“.

Wehrmachts-Kneipenwitze? Kürzlich enthüllt? Interessant, interessant! Wiglaf, nun auch Du? Visionen eines neuen Männerbunds steigen auf: Zitelmann, Strauß und Droste völlig besoffen, mangels Offizierscasino in der Paris-Bar, „Bomben auf Engelland“ singend. Droste als heimlicher Kommißkopp, das ist ja fast so schön, als käme endlich heraus, daß bei Katharina Rutschky zu Hause dreimal die Woche Kinderragout auf den Tisch kommt!

Wer der Sache nachgeht, findet statt „Enthüllungen“ ein Beispiel für eine Art von Klatsch, die nach dem Muster des Kinderspiels „Stille Post“ abläuft. Angefangen hat die Sache mit einem „Brief an die Leser“ in Titanic. Dort wurde dem Liedermacher Bernd Begemann auf zart-ironische Weise nahegelegt, er möge sich doch bitte nicht „als Opfer der ,linksintellektuellen Musik-Mafia‘ spreizen“. Und er möge sich in Zukunft auch Bekenntnisse wie folgendes verkneifen: „Ich will nicht nur für die Linken singen, sondern für alle Deutschen.“

Bernd Begemann fand heraus, daß Droste der Autor dieses Briefes war, und wandte sich nun ebenfalls an Titanic. Er stellte in einem von Titanic veröffentlichten Brief fest, daß er gesagt habe: „Ich singe nicht für die Linken, ich singe für alle Leute. Ich bin kein Nationalist und sondere keinen nationalistischen Stuß ab. Ganz im Gegensatz zu Wiglav [sic] Droste, der in der Kneipe gerne mal Panzerfahrerhymnen von Rommel's Afrika-Corps zum besten gibt. Habe ich selbst gesehen und gehört. Feuert ihn sofort.“

Dieser öffentliche Briefwechsel muß nun unserem Autor Noäl Rademacher aufgefallen sein, der die Polemik dann in einem „Nachschlag“ als „Enthüllung“ ausgab. Und damit wird die Sache allerdings problematisch.

Was Bernd Begemann „selbst gesehen und gehört“ hat, war eine Probe aus Drostes neuem Buch „Sieger sehen anders aus“, das kürzlich bei Nautilus erschienen ist. Darin findet sich nämlich ein Text mit dem Titel „Männer unter sengender Sonne“, bei dessen Vortrag Droste ein Lied von Freddy Quinn anzustimmen pflegt: „Brennend heißer Wüstensand...“

Es wird auf immer Bernd Begemanns Geheimnis bleiben, wie aus diesem Schlager eine „Panzerfahrerhymne“ wurde und wie Rommels Afrika-Corps ins Spiel kam, denn Drostes Text ist als Schmähung der bundesdeutschen Wüstenkämpfer von Belet Huen (Somalia! Schon vergessen?) kaum mißzuverstehen. Es geht, andeutungsweise gesprochen, um Volker Rühes heldenhaften Einsatz bei der Befriedigung der elementarsten Bedürfnisse seiner notgeilen, verschwitzten Mannen.

Damit könnte man sagen: schlampig recherchiert, dreimal Pardon und Schwamm drüber. Aber die Angelegenheit wird besonders pikant durch einen Umstand, der offenbar ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Wiglaf Droste ist als Autor dieser Zeitung als Bundeswehrbeleidiger rechtskräftig verurteilt worden. Der Mann ist sozusagen diplomierter Volksverhetzer. Auch dies ist nachzulesen, wieder bei Nautilus: „Mein Kampf, dein Kampf“ (1992).

Am 19.10.1987, da war Droste noch Redakteur der taz, fand sich auf der Fernsehseite unter einem Szenenfoto aus Stanley Kubricks „Full Metal Jacket“ folgende Unterzeile: „Sie nennen es Frieden sichern, aber ihr Geschäft ist das Totmachen von Menschen. Heute machen sie sich im Nachmittagsprogramm breit: Kameraden der ,Wehrsportgruppe Wörner‘, auch bekannt als ,Bundeswehr‘, zeigen, wie sie sind: dumm, stark und wasserdicht. ,Welche Probleme können bei der Berufswahl durch die Einberufung zur Bundeswehr auftreten?‘ fragt der Werbetext für die kriminelle Vereinigung. Vielleicht das Problem, wie man vom Menschen zum Schwein wird. Wenn das für Leute mit einem IQ unter 10 ein Problem ist.“

Nach mehreren Verfahren, an deren Ende auch der Kollege Ströbele als Drostes Anwalt nichts mehr richten konnte, mußte der Angeklagte, resp. die taz, einige Tagessätze berappen.

P.S.: Die Sache mit Katharina Rutschky stimmt übrigens auch nicht. Jörg Lau

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