: DVU wieder beim Abzocken erwischt
■ Bürgerschafts-Rechte bedienen sich: Staatsknete für Frey-Zeitungen / Zuschüsse gesperrt
Die Nachrichten über den Griff der Rechten ins Staatssäckel reißen nicht ab: Nachdem die DVU-Abspaltung „National-Konservative Gruppe“ im vergangenen Monat in die Schlagzeilen geraten war, trifft es nun zum wiederholten mal die DVU selbst. Seit Beginn des Jahres bekommen die Bürgerschafts-RechtsauslegerInnen keinen Pfennig Geld mehr aus der Staatskasse. Die Bürgerschaft hat alle öffentlichen Zuschüsse gesperrt. Der Grund: Bei DVU-Ausgaben von rund 300.000 Mark ist es zumindest zweifelhaft, ob bei den Rechten alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Nach der Buchprüfung des Rechnungshofs besteht der dringende Verdacht, daß die DVU einen sechsstelligen Betrag schlicht illegal verwendet hat. Den größten Batzen für das Zeitungsimperium des DVU-Chefs Gerhard Frey.
Schon seit Monaten gehen die Gerüchte über illegale Verwendung von Steuergeldern bei der DVU. Nicht ohne Grund. Schließlich hatte sich die DVU schon in der Vergangenheit durch krumme Touren bei der Verwendung von öffentlichen Geldern hervorgetan, da lag es nahe, daß die Überprüfung aller Bürgerschaftsfraktionen und -gruppen Neuigkeiten zutage fördern würden. Bremens oberste RechnungsprüferInnen hatten sich die Bücher aus dem Jahr 1992 vorgenommen, nach zähem Ringen hatte auch die DVU die Unterlagen offengelegt. Mit durchschlagender Wirkung. Was die PrüferInnen sahen, ließ ihnen die Haare zu Berge stehen.
Ausgaben von 300.000 Mark sind zweifelhaft, heißt es hinter den Kulissen, davon offensichtlich illegal ausgegeben mehr als die Hälfte. 1992, das war das Jahr, in dem die DVU noch in Fraktionsgröße in der Bürgerschaft gesessen hat. Mittlerweile haben sich die sechs DVU-Abgeordneten, die vor drei Jahren ins Parlament eingezogen waren, in zwei Gruppen sortiert – die mit ihrem Gruppenstatus wesentlich geringere Zuschüsse bekommen als eine Fraktion.
Viele Kleckerbeträge kommen da zusammen: Ein Kleinbus, den die DVU-Domina Marion Blohm angeschafft hatte – angeblich, um Transportkosten der Fraktion zu sparen. Tatsächlich fuhren damit regelmäßig Bremerhavener SympathisantInnen zu Parteiveranstaltungen nach Bremen. Oder ein paar tausend Mark für den berühmten Verfassungsinterpreten Theodor Maunz, nach dessen Tod sich erst herausgestellt hatte, daß der hochangesehene Mann unter der Hand für seinen Intimus Gerhard Frey gearbeitet hatte. Maunz soll für die Bürgerschafts-DVU ein Gutachten über die Auswirkungen von Maastricht auf das Bremer Wahlrecht geschrieben haben. Angeblich, denn das Gutachten hat keine PrüferIn je zu Gesicht bekommen, übrigens genauso wenig wie den Kleinbus. Und genauso wenig wie die Arbeitsleistungen so manchen Fraktionsmitarbeiters. So gingen beispielsweise Zahlungen aus der Fraktionskasse an den Bremerhavener Peter Zellmer. Was der Mann für die Bürgerschafts-DVU gearbeitet hat ist unbekannt, ein Vertrag existiert nicht. Zellmer ist nebenbei auch noch Bremerhavener Stadtverordneter.
Das sind eher Kleckerbeträge, die richtig großen Summen kommen anders zusammen. Zum Beispiel über den damaligen Fraktionsgeschäftsführer Sven Eggers, der heute immer noch die Geschäfte der Dreiergruppe führt. Eine ganze Stelle, Gehalt wie ein Schulleiter: A 15, macht rund 100.000 Mark pro Jahr. Nur die entsprechenden Arbeitsleistungen Eggers konnten die Prüfer keineswegs feststellen. Was kein Wunder ist, denn Eggers hat viel zu tun. Nebenbei ist der Mann nämlich Chefredakteur der „Deutschen Wochenzeitung“ und bei der „National Zeitung“ verantwortlich für die Leserbriefe. Beide Blätter gehören dem DVU-Großmogul Frey. Und Eggers Schreibtisch steht demnach keineswegs im DVU-Bürgerschaftsbüro in Bremerhaven, sondern in München. Wenn in Bremen die Bürgerschaft tagt, läßt sich Eggers auch mal bei seinen norddeutschen Arbeitgeberinnen sehen. Den Flug bezahlt – natürlich die DVU-Kasse, letztlich also die SteuerzahlerIn.
Der dickste Geldbatzen ging allerdings direkt in die Kassen von Gerhard Frey. Die Bürgerschafts-DVU kaufte vom DVU-Vorsitzenden nämlich mehr als 10.000 Exemplare der „Deutschen Wochenzeitung“ und verschickte sie an SympathiesantInnen und solche, die es werden sollten. Kosten der Aktion: mehr als 100.000 Mark. Das sei keine Werbeaktion für die Zeitung gewesen, beteuerte die Bürgerschafts-DVU. Schließlich sei in der Zeitung eine Anzeige der Bremer Rechts-Fraktion abgedruckt gewesen. Ergo: Keine Werbung für die Zeitung, sondern eine Information über die DVU in der Bürgerschaft.
Nun hat der Rechnungshof bei der Bürgerschaft Alarm geschlagen. Die hat gleich reagiert und die rund 18.000 Mark, die die DVU-Gruppe lediglich noch an monatlichen Zuschüssen bekommt, bis auf weiteres eingefroren. Die Bürgerschaft sitzt in der Klemme: Bislang gilt die Auffassung, daß auf Dauer nicht alle Mittel gesperrt werden können. Ein „politisches Existenzminimum“ sollte weiter ausgezahlt werden. Dann aber tritt das ein, was die Verantwortlichen unter allen Umständen vermeiden wollten: Dann ist die Zeit bis zur nächsten Wahl zu knapp. Dann heißt es am Ende der Legislaturperiode: Rechtsextreme aus Steuermitteln gesponsert. Jochen Grabler
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