Befreit vom Büßerkleid der 60er abgelegt „

■ Nach der Restaurierung der katholischen Propsteikirche St.Johann sieht man wieder: Ornamente bannen das Böse

„Die St-Johannis-Kirche hat ihr VEB-Outfit von innen verloren“, stellt Wilhelm Tacke, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der katholischen Kirche in Bremen zufrieden fest. Durch die im Dezember abgeschlossene Restaurierung ist das Innere der katholische Hauptkirche im Schnoor vom tristen Grau-in-Grau befreit und erstrahlt jetzt backsteinfarben auf weißem Grund. Die Gesamtkosten für die Renovierungsarbeiten betrugen 1,9 Millionen Mark.

Über die Motive für die Farbwahl, die bei der letzten Restaurierung vor 30 Jahren ausschlaggebend waren, kann Tacke nur Vermutungen anstellen: „Wahrscheinlich hat man die Grautöne gewählt, weil es sich bei St-Johann um eine Franziskanerkirche handelt“ . Die Franziskaner tragen graue Kutten und bereits im Mittelalter wurden sie vom Volk die „Grauen Brüder“ genannt. Daß die Franziskaner außerdem ein Bettelorden sind, kann man bis heute an der St.-Johannis-Kirche ablesen: Keine protzigen Kirchtürme zieren den gotischen Bau und auch das Innere ist fast schmucklos.

Den wenigen Zierrat gilt es allerdings richtig zu deuten. „Pentagramme bannen das Böse“, erklärt Tacke ein Ornament an einem der fünf Schlußsteine, die im Mittelschiff der Kirche die Kreuzgewölbe jeweils abschließen. Blattwerkornament an Kapitellen und Schlußsteinen sind durch die neue farbliche Absetzung teilweise überhaupt erst wieder erkennbar. „Für die Leute damals war klar, was das Eichenlaub, der Adler oder das Weinlaub bedeutete. Deshalb steht es ja nirgends aufgeschrieben“, erläutert Tacke das Problem, vor dem KirchenhistorikerInnen heute stehen.

Vor Rätseln ästhetischer Art steht man heute auch angesichts von Altar, Tabernakel und Ambo, die vor 30 Jahren von der katholischen Gemeinde angeschafft wurden. „Der Tabernakel, wo das Allerheiligste aufbewahrt wird, wurde in der Gemeinde entsprechend seinem Aussehen sehr despektierlich „Kanonenrohr“ genannt.“ berichtet Tacke schmunzelnd. Jetzt sind Altar und Ambo vom Rietberger Künstler Johannes Niemeier aus Kalksandstein neu geschaffen worden und der neue Tabernakel ist in eine Säule aus dem gleichen Material eingebettet. Am Kopf der Säule ist ein gotisches Kalksteinrelief eingelassen, das bisher rechts außen neben dem Eingangsportal angebracht war. Dieser ebenfalls restaurierte Gedenkstein wurde wahrscheinlich Anfang des 15. Jahrhunderts vom damaligen Bürgermeister Bremens, Friedrich Wiggers (1346-1414), gestiftet. „Der Bürgermeister war damals auch Holzhändler und hat Holz für den Bau des Bremer Rathauses geliefert. Heute würde man das Filz nennen“ beleuchtet Tacke mittelalterliche Gepflogenheiten in Bremen. Mit dem Bürgermeister allerdings nahm es ein unerwartetes Ende: Er unternahm eine Pilgerfahrt ins Heilige Land und starb, nachdem er dort angekommen war. Das Relief hat er selbst nicht mehr gesehen . Und lange war es außen der Witterung ausgesetzt. Durch die Restaurierung hat es seine ursprünglichen Farben wieder erhalten. Daniela Martin