Einen Deckel auf den Vulkan

■ Mexikos Regierung plant Notprogramm gegen die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise / Staatliche Ausgaben sollen gekürzt, Gehälter eingefroren werden

Berlin/Mexiko-Stadt (taz/AFP) 1995 ist nicht 1982 – oder doch? 1982 war die Schuldenkrise der Dritten Welt zum Ausbruch gekommen, als Mexiko seine Zahlungsunfähigkeit erklärte. Damit in diesem Jahr dasselbe nicht noch einmal passiert und das weltweite Finanzsystem nicht ins Schleudern kommt, haben mehrere Staaten, Geschäftsbanken und internationale Institutionen Mexiko finanzielle Hilfe zugesagt.

Gegen die schwere Wirtschafts- und Finanzkrise, die Mexiko seit Mitte Dezember gepackt hat, wollte Präsident Ernesto Zedillo bereits am Montag einen Plan vorstellen. Er mußte dies jedoch wegen Konflikten zwischen Gewerkschaften und Unternehmern verschieben. In der Nacht zum Dienstag kam es dann offenbar doch zu einer Einigung mit den Tarifparteien über ein Stabilisierungsprogramm. Am 20. Dezember mußte der Peso-Kurs, der bis dahin an den US-Dollar gebunden war, freigegeben werden. Danach verlor die Währung 60 Prozent ihres Werts. Grund war und ist eine akute Vertrauenskrise von Anlegern aufgrund der neu aufgeflammten Konflikte im südlichen Bundesstaat Chiapas und wegen des ausufernden Leistungsbilanzdefizits Mexikos von inzwischen 28 Milliarden US-Dollar. Die Verschuldung gegenüber dem Ausland lag im Oktober bei 130 Milliarden Dollar.

Die Verhandlungen über ein internationales Hilfspaket von 18 Milliarden Dollar, von dem die US-Regierung allein die Hälfte stellt, stünden kurz von dem Abschluß, gab Zedillo gestern bekannt. Unter anderem soll das Geld dazu dienen, die mexikanische Regierung bei der Rückzahlung von kurzfristigen Anleihen in Höhe von 29 Milliarden Dollar zu unterstützen, die 1995 fällig werden.

Zedillos Notprogramm soll weitere Privatisierungen, etwa der staatlichen Ölgesellschaft, die Kürzung öffentlicher Ausgaben um zunächst 1,3 Prozent, das Einfrieren der Gehälter sowie Preiskontrollen beinhalten. Wirtschaftler fürchten vor allem, daß sich die Inflation wieder verschlimmert, weil durch den Wertverlust des Peso die Importe teurer werden. Zudem ist es die Aufgabe des Programms, das Vertrauen internationaler Investoren wieder zu stärken. Denn Mexiko ist angesichts seiner Bilanzdefizite dringend auf Kapital von außen angewiesen. Das Wirtschaftswachstum (im Herbst betrug es noch über vier Prozent – jetzt werden für 1994 nur noch 1,5 bis zwei Prozent angenommen) hängt fast vollständig von den Geldzuflüssen ab.

Die Gewerkschaften fürchten dennoch, daß, wie so oft, die Schwächsten in der Gesellschaft die Zeche zahlen müssen. Die Preise werden wohl weiter steigen, während die Gehälter eingefroren werden. Sie fordern daher, daß die Maßnahmen allenfalls befristet eingeführt werden. lieb