■ Linsen Soufflé
: Känguruh-Mutanten und tote Präsidenten

Also, was tut sich denn so anno domini 1995 in Hollywood Babylon? Antwort: Genau das gleiche wie 1994, nämlich alles, womit Geld zu machen ist. Alle Adrenalin-Junkies z.B. werden Kinokarten kaufen, denn es wird eine Fortsetzung von „Speed“ geben. Es ist jedoch noch fraglich, ob schon in diesem Jahr, denn Keanu Reeves' Terminkalender ist rappelvoll. Das hat durchaus etwas Gutes, denn Reeves hat endlich eingesehen, daß er mit Action-Rollen besser dasteht, er wird uns also zumindest im neuen Jahr mit „großer Schauspielkunst“ verschonen und nur noch den Superman geben. Als erstes bekommen wir ihn als Datenkurier in „Vernetzt“ nach der Kurzgeschichte „Johnny Mnemonic“ von Kultautor William Gibson zu sehen, dann tritt Reeves in „Feeling Minnesota“ auf und danach sehr wahrscheinlich in „Dead Drop“, in dem er als Erfinder erkennen muß, daß seine High- Tech-Spielereien von der Regierung als Mordinstrumente mißbraucht werden. Regie führen wird vermutlich Andy Davis („Auf der Flucht“). Gegen einen anderen ebenso guten/schlechten Schauspieler, der es auch nur für Dollars tut, sieht Reeves trotz Ledernacken-Haarschnitt aber immer noch aus wie ein armes Würstchen: Der Hardcore-Rapper und „Original Gangster“ Ice-T spielt in der Comic-Verfilmung „Tank Girl“ das Mutanten- Känguruh T-Saint. Die Zeitschrift The Face fragte den Body Counter angesichts dieser Rollenwahl, ob er sich denn keine Sorgen machen würde, daß seine Glaubwürdigkeit den Bach runtergehen könnte. Ice-T: „Nein, darüber bin ich hinaus. Jeder erwartet sowieso etwas anderes von mir. Darum kann ich mir keine Sorgen machen. Ich meine, ich kann jetzt schon hören, was Minister Farrakhan sagt: ,Und sie verkleideten Bruder Ice-T mit einem Känguruh-Kostüm und machten ihn zu einem Tier!‘ Aber, Minister, fünf weiße Typen haben ihn doch... ,Das taten sie unserem Bruder an, um ihn zu entmenschen, und sie wollten zeigen, daß er unter ihnen steht!‘ Darauf kann ich nur sagen: Von mir aus.“ Hast Du gehört, Keanu? So spricht ein echter Held der Leinwand. Wann traust Du Dich ins Känguruh-Kostüm? Andere Stars machen's noch billiger als Bruder Ice-T: Für die Firma Swatch (Uhren, Autos, bald auch Häuser) gestalten Robert Altman, Akira Kurosawa und Pedro Almodóvar ein paar poppige Chronometer, und zumindest Altman macht schon kräftig Reklame: „Ich werde all meine Freunde und Verwandten mit Swatch-Uhren beschenken.“ Hoffentlich macht er aus dieser Aktion dann auch einen Film, „Short Clocks“ oder so... Die einzigen Hollywoodianer, von denen im Jahre 1995 noch ein paar Provokatiönchen zu erwarten sind, sind die schwarzen Filmemacher. Also warten wir voller Hoffnung auf Mario Van Peebles' Black- Panther-Reißer „Panther“, und auch in den neuen Film der Regisseure des Low-Budget-Hits „Menace II Society“, Allen und Albert Hughes, werden wir mal reinschauen. Sie drehen mit Gary Oldman das Vietnamveteranendrama „Dead Presidents“. Der Titel ist ein Slangausdruck für Dollarnoten, auf denen bekanntlich tote Präsidenten verewigt werden. Karl Wegmann