Zwei Seeleute von Kran zerquetscht

■ Schwerer Unfall im Werkshafen der Stahlwerke / Brückenkran stürzte auf russisches Schiff

Bei einem schweren Unfall im werkseigenen Hafen der Stahlwerke Bremen sind gestern morgen zwei Besatzungsmitglieder eines russischen Frachtschiffes getötet worden. Fünf Personen wurden nach Angaben der Wasserschutzpolizei zum Teil schwer verletzt, als aus bisher unbekannter Ursache ein 200 Tonnen schwerer Verladekran zusammenbrach und auf die Brücke des Schiffes stürzte. Ein Besatzungsmitglied des Frachters liegt noch tot unter den Trümmern und soll erst heute geborgen werden.

Der Sachschaden geht nach Auskunft der Wasserschutzpolizei in die Millionen. Der Frachter ist durch die weitgehende Zerstörung der Kommandobrücke manövrierunfähig und soll heute aus dem Stahlwerk-Hafen herausgeschleppt werden. Zum Zeitpunkt des Unglücks befanden sich 15 Besatzungsmitglieder an Bord. Elf wurden inzwischen an Land untergebracht.

Das Unglück hatte sich gegen acht Uhr ereignet. Der Kran war kurz vorher beim Entladen von Altmetall, das im Stahlwerk eingeschmolzen werden sollten, stehengeblieben und wurde zur Zeit des Unglücks von drei Monteuren repariert.

„Es war nicht wie sonst, wenn die beim Schrottabladen mal etwas fallenlassen“, sagte Schlosser Matthias Rodewald (31) später. Der Knall, den er am Morgen gehört hatte, ging durch Mark und Bein, „ein Knirschen, fast ein Beben“. Sofort sei er mit seinen beiden Kollegen zum nahegelegenen Pier gerannt, wo gerade der russische Frachter „Volzhskiy-42“ entladen werden sollte. „Wir haben den Kranführer dort eingeklemmt in seinem Führerhaus gefunden, er hing da irgendwie mit einem Bein fest“, erzählte Rodewald.

Mit Schneidbrennern und Rettungsscheren eilten die Schlosser ihrem Kollegen zur Hilfe und konnten ihn aus dem schweren Stahlgerüst befreien. Der Mann muß noch im Krankenhaus behandelt werden, hatte aber Glück im Unglück: Direkt neben dem Kranhäuschen stand ein offener Güterwaggon der Eisenbahn, der die Wucht des Aufpralls zu einem großen Teil abgemildert hatte.

Auch die drei Monteure, die zur Reparatur auf den Kran geklettert waren, kamen mit leichten Verletzungen und dem Schrecken davon. Zu spät aber kam die Hilfe für zwei Besatzungsmitglieder des russischen Frachters. Der Kran war direkt auf den Kabinenaufbau des Schiffes geprallt und hat dort schlimmste Verwüstungen angerichtet. Die Feuerwehr barg aus den Ruinen drei schwerverletzte Besatzungsmitglieder, darunter den Kapitän des Schiffes. Einer von ihnen starb am Nachmittag im Krankenhaus.

Stahlwerk-Sprecher Blöcker machte eine „Verkettung unglücklicher Umstände“ für den Unfall verantwortlich. Hätte der Kran nur ein paar Meter weiter gestanden, wäre beim Umknicken seines einen Beines kaum etwas passiert. Blöcker: „Das Unklück war, daß er haargenau auf die Schiffsaufbauten gefallen ist.“ Den letzten tödlichen Betriebsunfall hatte es 1992 im Klöckner-Stahlwerk gegeben. Damals war ein Arbeiter unter ein Messer zum Schneiden großer Bleche geraten.

Die Ermittlungen über die Ursache des Unfalls werden vom TÜV geführt. Vor Ort ermittelten gestern aber auch Kripo, Staatsanwaltschaft und Gewerbeaufsicht. Der Kransturz war einer der schlimmsten Arbeitsunfälle der letzten Jahre. Im gesamten Jahr 1993 hatte es in Bremen sechs Todesopfer von Arbeitsunfällen gegeben. Ase/dpa