Echte Grüne? Falsche Grüne?

Merkwürdiges begleitet die Wahl des FU-Studentenparlaments: weil sich die grünnahen Jungdemokraten streiten, treten zwei „Alternative Listen“ an / Bündnis90/Die Grünen verärgert  ■ Von Matthias Finkenberger

Ganz vorne steht die „Fachschaftsini Chemie“ – die rote Laterne tragen die „Unabhängigen Demokratischen SozialistInnen“: 52 Listen stellen sich den 55.000 Studierenden an der Freien Universität (FU) am 19. und 20. Januar zur Wahl für das Studentenparlament.

Mitglieder und Anhänger von Bündnis 90/Die Grünen haben es in diesem Jahr bei der Vergabe ihres Kreuzchens allerdings doppelt schwer: Gleich zwei Gruppierungen, die den Namen „Alternative Listen“ tragen und vorgeben, das Erbe der grünnahen Liste aus dem Vorjahr angetreten zu haben, konkurrieren um ihre Stimme. Als Liste 4 tritt die „Alternative Liste/ Unabhängige Linke“ mit neun Kandidaten an. Liste 31 nennt sich „Alternative Liste/Bündnis 90“ und bietet sieben Kandidaten auf.

Undurchsichtiger Zwist

Daß es zwei Listen gibt, hat nicht nur etwas mit Realo-Fundi-Streitereien in der grünen Hochschulgruppe zu tun. Zurückzuführen sind die Konkurrenzlisten auch auf einen Streit im Vorstand der „Jungdemokraten/Junge Linke“ (JD/JL). Der Verband, der bis zur Bonner Wende FDP-Nachwuchsorganisation und seitdem im Nirgendwo zwischen Rot und Grün angesiedelt, ist nämlich seit Oktober gespalten.

Drei von fünf Vorstandsmitgliedern haben ihren Rücktritt erklärt. Das blieb nicht ohne Folgen für die „Alternative Liste“, als Anfang Dezember deren Kandidatenliste aufgestellt und ein Wahlprogramm verabschiedet werden sollte. Weil viele Jungdemokraten ein grünes Parteibuch besitzen und die dem Verband nahestehende „Radikaldemokratische Studentengruppe“ (RSG) schon seit Jahren bedeutungslos vor sich hindümpelt, wollten sie auf der „Alternative Liste“ präsent sein.

Über die Vergabe der Plätze kam es dann allerdings zum Streit unter den verfeindeten Fraktionen innerhalb des Jungdemokraten- Landesverbandes. Weil die „Opposition nicht ausreichend berücksichtigt“ worden sei, habe man die Zusage für eine Kandidatur wieder zurückgezogen und einen eigene Wahlvorschlag eingereicht, so „Realo“-Wortführer Holger Munderloh auf Anfrage – und schimpft wortgewaltig über die „Usurpation durch eine Minderheit im Jungdemokraten-Landesvorstand“. „Ich habe eben besser mobilisiert“, meint dagegen Carsten Dannel von den „Unabhängigen Linken“ – womit er nicht ganz unrecht haben dürfte.

Der anschließende Versuch, doch noch gemeinsam zu kandidieren, oder wenigstens eine Listenverbindung einzugehen, scheiterte – aus organisatorischem Unvermögen.

„Ziemlich ärgerlich“ sei das alles, meint Helga Metzner vom Geschäftsführenden Ausschuß der Bündnisgrünen. „Politische Überstürztheit“ und „Unerfahrenheit“ hätten zu der „Spaltung“ geführt. Unterschiedliche Vorstellungen – hier die Arbeit im Fachbereich, dort „weitergehende Vorstellungen“ über die Rolle der Uni in der Gesellschaft – seien dazugekommen. Daß es keine Listenverbindung gibt, bedauere sie. Gleichwohl: Die Partei unterstützt beide Listen, indem sie sich an der Finanzierung einer gemeinsame Wahlkampfzeitung beteiligt.

Wer von den beiden Alternativ- Listen die Grünen im Studentenparlament besser vertritt, bleibt den Wählern überlassen. Nur soviel: Für die „Alternative Liste/ Unabhängige Linke“ kandidiert mit Steffen Zillich auf Platz 5 ein ordentliches Mitglied des Abgeordnetenhauses. Dort sitzt der Jura-Student allerdings nicht für Bündnis 90/Die Grünen, sondern in den Reihen der PDS-Fraktion.