Sinn des Spiels: Lernen

■ betr.: „Die spielen völlig ver rückt!“, taz vom 28. 12. 94

[...] Von der Autorin des Artikels sowie von den SpielerInnen wurde die Spielidee ganz falsch begriffen. Es geht darum, ehrlich einen Teil seines/ihres Inneren zu offenbaren. Die MitspielerInnen sollten diesen Teil akzeptieren und anerkennen. Es geht aber nicht darum, Schwächen anderer ausfindig zu machen, um sie daraufhin fertigzumachen. Das neue Wissen sollte nicht zur Erniedrigung oder Schädigung mißbraucht werden. Ich nenne solche Menschen keine echten Freunde.

Nach meiner Meinung haben die SpielerInnen schon vorher einem kaputten Sozialverband angehört. Diese Lebenslüge wurde nur durch das Spiel aufgedeckt. Wahrscheinlich wäre sie auch ohne dieses Spiel irgendwann mal zutage gekommen. Wer nicht fähig ist, konstruktiv Kritik zu üben und diese auch empfangen zu können, der/die wird durch dieses Spiel „Lügen“ gestraft. [...] Es kann nur durch Ehrlichkeit und Vertrauen ein wahrer Spielerfolg erzielt werden. [...] Außerdem verfolgt dieses Spiel ja auch das Ziel, daß die Zahl mit dem Gegenüber auch um plusminus eins übereinstimmen muß. Also sollte etwas realistischer an die Sache herangegangen werden.

Das grundlegende Ziel sehe ich vor allem im Lernen. Du erkennst etwas von dir und kannst so ansetzen, etwas an dir zu verbessern, aber nicht, um andere dadurch schlechter zu machen, da jedeR seine/ihre Fehler hat. [...]

Es ist traurig, daß viele Menschen nicht mehr ehrlich zusammenleben können. Sie machen sich etwas vor und erkennen nicht die richtigen Werte des Lebens. So sollte dem Spiel nicht das vorgeworfen werden, wofür eigentlich unsere Gesellschaft die Hauptschuld trägt. Zum Schluß ein Spruch aus dem Markus-Evangelium, Kap. 7, Vers 15, der lutherischen Übersetzung: „Es ist nichts außerhalb des Menschen, das ihn könnte gemein machen, so es in ihn geht; sondern was von ihm ausgeht, das ist's was ihn gemein macht.“ Sabine Mählmann, Oldenburg