■ Ein Brief an Boris Jelzin
: Sehr geehrter Herr Präsident,

als Mitglieder des Deutschen Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen, einer Partei, die sich für Frieden, Menschenrechte und den Erhalt der Umwelt einsetzt, wenden wir uns mit diesem offenen Brief an Sie.

Wir sehen keine andere Möglichkeit mehr, Ihnen gegenüber unser Entsetzen und unsere Empörung über das Vorgehen der russischen Truppen in Tschetschenien zum Ausdruck zu bringen.

Wir sind tief erschrocken, daß Sie, der während des Putsches 1991 für Demokratie und Menschenrechte gegen die Kräfte des spätstalinistischen Apparates auf den Barrikaden stand und von uns allen bewundert wurde, jetzt zu den alten Methoden der Gewalt, der Lüge, der ökologischen Zerstörung, der Mißachtung aller Menschenrechte greift.

Wir trauern um die Opfer des Krieges, um die ermordete Zivilbevölkerung, aber auch um die Soldaten, die von Ihnen und Ihrem Sicherheitsrat in einen barbarischen Krieg geschickt wurden. Unsere Unterstützung gehört unseren Duma-Kollegen, die in Grosny an der Seite der tschetschenischen und russischen Zivilbevölkerung ausharren, um unter Lebensgefahr die Wahrheit über diesen Krieg zu berichten. Ganz besonders wollen wir Sergej Kowaljow nennen, mit dem einige von uns im Juli 94 die Ehre hatten zu sprechen. Unsere Unterstützung gilt den demokratischen Menschen und Organisationen, die in Rußland gegen diesen Krieg protestieren.

Herr Präsident, wir fordern Sie auf, diesen Krieg zu beenden. Wir fordern Sie auf, die russischen Truppen zurückzuziehen. Wir fordern Sie auf, zu den Vereinbarungen der OSZE zur Achtung der Menschenrechte zurückzukehren und die Konflikte mit Tschetschenien auf friedlichem Wege zu lösen.

Wir schließen uns den Worten der russischen Gesellschaft „Memorial“ an: „Mit der Bombardierung von Städten kann man nicht die Verfassung schützen. Mit dem Morden von Menschen kann man nicht die Menschenrechte schützen.“

Mit bürgerbewegt-grünen Grüßen

Gerd Poppe, Helmut Lippelt, Winni Nachtwei, Christa Nickels, Angelika Köster-Loßack, Werner Schulz und Wolfgang Schmitt