Nach Delors nur Frust

■ Sozialist Jospin will Präsident werden

Paris (AP) – Gut vier Monate vor der Präsidentenwahl in Frankreich hat der frühere Chef der Sozialistischen Partei, Lionel Jospin, Interesse an einer Kandidatur signalisiert. Der 57jährige teilte dem PSF-Vorstand am Mittwoch mit, daß er zur Bewerbung bereit sei. Hoffnungen der PSF, den scheidenden EU-Kommissionspräsidenten Delors als Kandidaten zu gewinnen, hatten sich im Dezember zerschlagen. Seitdem werden dem Bewerber der Linken nur Außenseiterchancen eingeräumt.

Jospin war von 1981 bis 1988 Vorsitzender der PSF und von 1988 bis 1992 Minister für Erziehung, Jugend und Sport. Er gilt als enger Vertrauter des scheidenden Präsidenten François Mitterrand. „Nach Delors drängt sich keine Kandidatur selbst auf“, sagte Jospin bei seiner Ankündigung, „es muß aber einen sozialistischen Kandidaten geben, der die Linke und die Ökologen um sich scharen kann. Ich glaube, daß ich die Fähigkeit habe, dies zu schaffen.“

Die Parteiführung reagierte verhalten auf das Angebot. Ein PSF-Sprecher sagte, Parteichef Henri Emmanuelli habe zwar den Mut Jospins gelobt, zugleich aber erklärt, sein Vorgehen mache die ganze Sache nicht gerade einfacher. Jospin werden kaum Aussichten eingeräumt, den konservativen Premierminister Edouard Balladur zu schlagen, der sich höchstwahrscheinlich ebenfalls um das Präsidentenamt bewerben will. In einer kurz vor der Ankündigung Jospins unternommenen Meinungsumfrage rangiert Balladur vor jedem fiktiven sozialistischen Kandidaten mit 58 gegen 42 Prozent. Die PSF will am 3. Februar ihren Kandidaten küren.

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