Holz als letztes Zahlungsmittel

Kameruns Öko-Partei DEC kämpft ohne Telefon, aber mit viel Engagement und Fachwissen gegen die Abholzung des Regenwalds  ■ Von Thomas Mösch

Hamburg (taz) – Auch südlich der Sahara gibt es eine grüne Bewegung. Besonders aktiv ist die Partei zur Verteidigung der Umwelt Kameruns (DEC) mit ihrem Vorsitzenden Nké Ndih, der im letzten Jahr auf der Suche nach Unterstützern auch nach Deutschland tingelte. Die großen Gefahren für Afrikas Umwelt muß man nicht lange suchen: Wüstenbildung, Waldzerstörung, Verschmutzung der Städte. Besondere Bauchschmerzen bereitet zudem das Thema Giftmüllexport aus dem Norden. „Zwar ist es ruhig darum geworden“, sagt Ndih, „aber unsere Regierungen sind pleite. Wer weiß, ob die nicht bald geheime Verträge abschließen, um an Geld zu kommen“.

Kameruns DEC ist ein Beispiel dafür, wie das Thema Umweltschutz in Afrikas politischer Szene Einzug gehalten hat. Ende 1990 mußte Kameruns Diktator Paul Biya dem Druck der Bevölkerung nachgeben und Oppositionsparteien zulassen. Junge Intellektuelle, SchülerInnen und StudentInnen nutzten die Chance und gründeten im November 1991 die DEC. Die etwa vierzig Gründungsmitglieder kamen aus Naturfreundeclubs, die sich an Schulen und der Uni dem Umweltschutz widmeten. Eine regierungsunabhängige Organisation (NGO) wollten sie nicht gründen. „Die müssen sich irgendwie mit dem Regime arrangieren, um arbeiten zu können. Wir aber können laut unsere Kritik äußern“, argumentiert Ndih.

Umweltschutz spiele in Kamerun weder für die Regierung noch für die großen Oppositionsparteien eine Rolle, so Ndih. Zwar gibt es seit zwei Jahren ein Umweltministerium, das auch für den Schutz der Regenwälder im Süden und Osten des Landes zuständig ist, doch in der Realität sei von Schutz nichts zu merken.

„Die Zerstörung der Wälder ist das zentrale Umweltproblem in meinem Land, es ist ein wahres Massaker“, berichtet der DEC- Chef, der die Situation wie folgt beschreibt: Auf den Hauptverbindungsstraßen aus den Waldgebieten an die Küste folgt ein Holztransport dem anderen. Mercedes Benz kommt schon nicht mehr mit der Lieferung von Lkw nach. Die Regierung betreibt einen schwunghaften Handel mit Konzessionen für die Abholzung, denn Kamerun ist pleite. Mit dem Export von Kaffee und Kakao ist kaum noch Geld zu verdienen. Die Gewinne aus der Erdölförderung fließen nur noch spärlich und verschwinden in obskuren Kanälen.

Auch daß die Demokratisierung Kameruns in Ansätzen steckengeblieben ist, trägt zum Massaker am Regenwald bei.

Die Präsidentenwahl von 1992 wurde massiv gefälscht; Präsident Biya regiert heute schon wieder fast so autokratisch wie vor 1990. Das Ausland hat daher seine Hilfe weitestgehend eingestellt. Nur Frankreich hält das System mit gelegentlichen Geldspritzen am Leben. Dafür verlangt es Holz, Holz und nochmal Holz. Es sind vor allem französische und von Libanesen geführte Unternehmen, die das „grüne Gold“ abbauen und vermarkten.

Ein Großteil der Gewinne fließt in die Taschen der Familie Mitterrand, melden verschiedene Quellen. „Leider fehlen uns dafür noch die wasserdichten Beweise“, bedauert Ndih.

Die Ausstattung der DEC ist katastrophal. „Wir haben nicht einmal ein Telefon, geschweige denn ein Faxgerät oder einen Computer“, beklagt Ndih. Die mittlerweile rund 700 eingeschriebenen Partei-Mitglieder – immer noch vor allem SchülerInnen und Studierende – haben kein Geld, um die Partei ausreichend zu unterstützen. So beschränkt sich die Organisation weiter vor allem auf die Hauptstadt Jaunde. „Gruppen aus anderen Landesteilen wollen bei uns Mitglied werden, aber wie sollen wir den Kontakt halten? Die Post funktioniert nicht, und für Reisen haben wir kein Geld.“

Was die DEC-Mitglieder haben, ist Engagement und Fachwissen. So entwickelten sie ein Konzept für die Kompostierung des Mülls von Jaunde. Die Hauptstadt erstickt unter Abfallbergen – ideale Brutstätten für Cholera, Ruhr und Malaria. Außerdem untersucht die DEC den Einfluß des Menschen auf die Versteppung in der Übergangszone von Savanne und Regenwald in Zentralkamerun, ein Projekt, das von der französischen Umweltstiftung Ushuaia unterstützt wird. Mit Fotoausstellungen und Vorträgen soll die Bevölkerung aufgeklärt werden.

„Zuerst hat man uns mit Skepsis betrachtet“, berichtet Ndih, „man hat uns gefragt: ,Seid ihr diejenigen, die uns das Bäumefällen und die Jagd verbieten wollen?‘ Aber wenn wir mit den Leuten reden, finden sie unsere Arbeit wichtig. In Afrika muß man den Leuten nur erklären: Was ihr tut, schadet euren Kindern. Das ist ein Argument, das überzeugt.“